Pro Prostitutionsverbot: Verquere Logik

Ein Verbot von Prostitution per Gesetz bedeutet nicht, dass man die Augen vor der Realität des "ältesten Ge­werbes der Welt" verschließt. Man stelle sich vor: Frau gründet eine Dienstleistungsfirma, die nur Männer auf Honorarbasis beschäftigt. Die angebotene Dienstleistung exklusiv für Kundinnen, für 70 Euro pro Stunde: Die Männer lassen sich schlagen, treten, demütigen. Die Kundinnen gehen nach der Ohrfeigen-Parade zufrieden nach Hause, alles gut. Wieder ein paar ausgeglichene Frauen mehr, die Mann und Kinder daheim nicht schlagen.

Absurde Vorstellung? Empörendes Frauenbild? Und wie. Umgekehrt empfinden es Befürworter von "legaler Sexarbeit"  als logisch, nach diesem Muster den gesellschaftlichen Wert von Prostitution zu argumentieren. Erstaunlich, dass das nicht mehr Männer aufregt. Es ist kein Kompliment, als hormonell gesteuerte Wesen angesehen zu werden, die ohne regelmäßige Triebauslebung auszucken.

Dass durch die Bestrafung von Freiern Prostituierte automatisch in die Illegalität getrieben werden, ist nicht belegt. Eher der Umkehrschluss: Die Legalisierung der Prostitution 2006 ließ den Menschenhandel in Deutschland steigen.

Ein Verbot von Prostitution per Gesetz bedeutet nicht, dass man die Augen vor der Realität des "ältesten Ge­werbes der Welt"  verschließt. Es geht um Bewusstseinsbildung. Eine emanzipatorische Gesellschaft kann so signalisieren, dass sie es nicht okay findet, wenn Männer die Körper von Frauen für Befriedigungen aller Art mieten. Es ist an der Zeit, dass dies ernsthaft diskutiert wird. (Petra Stuiber, DER STANDARD, 05.12.2013)

Contra Prostitutionsverbot: Problem verfehlt

Es stimmt: In einem utopischen Gesellschaftsentwurf ist Sexualität nicht käuflich. Und Träumen sollte auch immer Bestandteil dessen sein, wohin sich eine Gesellschaft entwickelt.

Beim Thema Sexarbeit lädt die Realität allerdings wenig zum Träumen ein. Denn aus den wenigen zuverlässigen Studien, die es gibt, wissen wir, dass Sexarbeit nicht verschwindet, nur weil sie verboten wird.

Stattdessen wird sie ins Verborgene oder ins Grenzgebiet von Ländern abgedrängt, die liberalere Gesetze haben. Ein Verbot zu fordern ist deshalb vielleicht die befriedigendste und naheliegendste Antwort für die eigenen ­politischen Überzeugungen. Doch die Probleme, die durch Sexarbeit entstehen, werden damit keinesfalls gelöst.

In Frankreich und nun auch in Deutschland gibt es Sexarbeiterinnen, die von der Politik ein Mitspracherecht bei der Regulierung ihrer Branche fordern. Und sie wollen nicht als Opfer wahrgenommen werden, sondern als denkende Subjekte. Diese Organisationen wären der perfekte Partner im Kampf gegen Zwangsprostitution.

Die Politik müsste viel tun: den selbstbewussten Sektor der Sexarbeit qua Gesetz stärken und Zwangsprostitution scharf ahnden. Am wichtigsten wäre es jedoch, die strukturellen Gründe für Sexarbeit zu bekämpfen: Das sind Armut und Chancenarmut in den Herkunftsländern der meist migrantischen Sexarbeiterinnen. Aber klar, so simpel, wie ein Verbot auszusprechen, wäre das natürlich nicht. (Ina Freudenschuß, DER STANDARD, 05.12.2013)