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Android: Noch immer gefangen im Wirrwarr alter Updateprozesse der Hersteller.

Eine Diskussion begleitet Googles mobiles Betriebssystem Android seit seinen Anfängen: Jene um die schleichende Veröffentlichung neuer Versionen für bestehende Geräte. Wo Apple-NutzerInnen typischerweise umgehend mit neuen Updates versorgt werden, dauert es in der Androidwelt oft monatelang bis neue Versionen auf einem Großteil der Smartphones und Tablets landen.

Zahlen

Ein Blick auf die offiziellen Androidzahlen von Google spricht hier Bände: Die derzeit meist genutzte Version ist Android 4.1 "Jelly Bean", und damit eine Softwaregeneration, die bereits vor rund 18 Monaten zum ersten Mal veröffentlicht wurde. Also alles wie gehabt? Oberflächlich lautet die Antwort hierauf "Ja", im Detail zeichnen sich aber durchaus interessante Verschiebungen ab, die auf eine Trendwende hoffen lassen.

Besserung

So liefen zum Messzeitraum zwar nur 1,1 Prozent aller erfassten Geräte mit dem aktuellen Android 4.4 "KitKat", und doch ist das mit Abstand der beste Wert, den je eine neue Androidversion so knapp nach seiner Veröffentlichung aufweisen konnte. Was dabei besonders heraussticht: Dieser Prozentsatz wird nicht alleine aus Googles eigener Nexus-Linie gespeist.

Beschleunigung

Haben es doch für Android 4.4 gleich mehrere Hersteller geschafft, ihren Updatezeitraum massiv zu verkürzen. Am verblüffendsten ist dabei wohl die Wandlung von Motorola: Bereits Mitte November konnte das Unternehmen das erste "KitKat"-Update für das Moto X verkünden - und damit nur wenige Tage nachdem die Auslieferung von Android 4.4 für den Großteil der Nexus-Linie begonnen hat. Dies noch dazu in Kooperation mit dem US-Provider Verizon, der in der Branche nicht gerade als eine der schnellsten gilt. Mitte Dezember folgte dann Android 4.4.2 für das Moto G, auch Droid Ultra, Droid Maxx und Droid Mini wurden mittlerweile mit "KitKat" ausgestattet.

HTC One

Nicht weniger beeindruckend ist die Leistung von HTC: Bereits am 1. Dezember wurde Android 4.4 für frei gekaufte Geräte des HTC One präsentiert. Dies überraschte insofern, da die HTC-Software - im Gegensatz zu jener von Motorola - in Form von Sense deutliche Anpassungen an Android vornimmt.

Vergleiche

Mit der Agilität von Apple in dieser Frage lässt sich all das natürlich weiterhin nicht vergleichen (und sollte es angesichts der unterschiedlichen Strukturierung des Marktes - hier alles aus einer Hand, da hochgradig heterogen - auch gar nicht). Und doch zeichnet sich zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer für des Wartens müde gewordene AndroidnutzerInnen ab.

Google greift ein

Möglich wird dies durch eine Reihe von Maßnahmen, die Google in den vergangenen Monaten vorgenommen hat. Da wäre zunächst einmal das Platform Development Kit (PDK), das Partnerunternehmen bereits einige Wochen vor der Veröffentlichung einer neue Androidversion zur Verfügung gestellt wird. Darin enthalten sind die Kernkomponenten einer neuen Androidgeneration, mit deren Hilfe die Hardwarehersteller schon vorab Treiber für ihre Hardware auf die anstehenden Änderungen anpassen können.

Schichtenmodell

Zudem hat Google mit den letzten Versionen ein Ebenenmodell für Android eingeführt, das einzelne Systembestandteile besser voneinander trennen soll. Damit wird es für die Hersteller einfacher das Basissystem zu aktualisieren, ohne große Änderungen an den eigenen Androidanpassungen vornehmen zu müssen. Der Arbeitsaufwand für eine neue Version sinkt also nach und nach - so die Hersteller denn "sauber" gearbeitet haben.

Verantwortlichkeiten

Freilich ist Googles Einfluss in den gesamten Updateprozess enden wollend, lediglich bei der Nexus-Linie ist man für neue Versionen selbst zuständig. Bei anderen Geräten ist dies Aufgabe der jeweiligen Hersteller. Bis die breite Masse der NutzerInnen zeitnahe Updates erhalten, müssen sich also noch einige andere Faktoren ändern.

Veraltete Denkweisen

Zunächst wäre da die Denkweise der Hardwareherstellern selbst, die oft noch in der Prä-Smartphone-Ära verhaftet zu sein scheinen, und Updates für bestehende Geräte oftmals als Belastung oder gar Hindernis für neue Hardwareverkäufe betrachten. Dass es wichtig ist, neue Versionen auszuliefern, um die eigene Softwareplattform voranzutreiben, wird hierbei vollkommen außer Acht gelassen.

Umdenken

HTC und Motorola zeigen nun, dass solch ein Umdenken, mit dem zusätzlich einem steigenden Bewusstsein der KonsumentInnen für die Updateproblematik Rechnung getragen wird, durchaus möglich ist. Natürlich ist so ein Wechsel nicht unbedingt einfach, wie zuletzt auch Motorola-Chef Dennis Woodside in einem Interview herausstrich. Man habe den gesamten Entwicklungsprozess auf den Kopf gestellt hat, um künftig flottere Updates liefern zu können, heißt es darin.

Netzbetreiber

Ein weiterer Bremsklotz für die Auslieferung rascher Update sind die Netzbetreiber, die bei einem bedeutenden Teil der über ihre Shops verkauften Geräte in den Softwareaktualisierungsprozess eingebunden sind. Und hier herrscht ein Wechselspiel von Fehlersuche und Autorisierung, das gerne einmal zu mehrwöchigen Verzögerungen führen kann. Auch wenn das Moto X nun zeigt, dass diese Dynamik nicht unbedingt ein Ausschlussargument für rasche Updates sein muss, bleibt doch der Umstand, dass es weltweit hunderte Provider sind, mit denen Hardwarehersteller kommunizieren müssen. Entsprechend darf es auch nicht verwundern, dass die anbietergebundenen Varianten des HTC One ihr Update auf Android 4.4 nach aktuellen Informationen frühestens Ende Jänner bekommen sollen. Wer wissen will, wie das gesamte Wechselspiel zwischen Hardwarehersteller, Chipsatzlieferant, Google und den Netzbetreibern im Detail funktioniert: HTC hat vor kurzem eine sehr aufschlussreiche Infografik zu diesem Thema veröffentlicht.

Zeit für einen Wechsel

Fakt ist jedenfalls: Sowohl Google als auch Apple verbitten sich bei ihren eigenen Geräten mittlerweile jegliche Einmischung der Netzbetreiber, was deutlich flottere Updates ermöglicht. Höchste Zeit also dass die anderen Hersteller diese für die KonsumentInnen unerfreuliche Allianz ebenfalls beenden. Von Seiten Samsung Österreichs begründete man dieses Zusammenspiel gegenüber dem WebStandard noch vor nicht all zu langer Zeit übrigens damit, dass man nur dadurch gezielt auf die Eigenschaft eines jeden einzelnen Netzes eingehen könne - woraus wiederum eine bessere Qualität resultieren soll. Ob dies der Realität entspricht - oder gar die Extrawartezeit wert ist - sei dahin gestellt.

Reduktion

Zu guter Letzt liegt es auch noch in der Hand der Hersteller selbst, wie schwer sie sich die eigene Arbeit machen. Motorola zeigt beim Moto X gerade sehr gut vor, wie man sich über einzelne, sehr gezielte Verbesserungen und Zusatzservices vom Wettbewerb absetzen kann, ohne jedoch das Kernbetriebssystem und die Oberfläche von Android selbst groß zu verändern. Das macht es natürlich wesentlich leichter Updates zu schmieden, als es etwa für LG sein dürfte, das beinahe jeden noch so kleinen Teil des Systems modifiziert hat. Da hilft dann auch Googles Ebenenmodell irgendwann nur mehr sehr begrenzt.

Support-Zeitraum

Zur Update-Problematik gehört aber noch ein weiteres Themenfeld: Die schönste neue Version nutzt schließlich nichts, wenn der Supportzeitraum für das eigene Geräte ausgelaufen ist. Und in dieser Hinsicht könnten sich die Androidhersteller noch einiges von der Konkurrenz abschauen: Wo Apple seine Geräte üblicherweise drei bis vier Jahre lang mit - wenn auch zum Teil funktionell eingeschränkten - Updates versorgt, beschränkt sich selbst Google ganz offiziell auf 18 Monate. Auch wenn es in der Realität dann zuletzt immerhin rund zwei Jahre waren, während derer Nexusgeräte mit der aktuellsten Version ausgestattet waren, ist dies doch noch weit von der iPhone- und iPad-Welt entfernt.

Die vermaledeite Update-Allianz

Die 18 Monate entspringen übrigens einer im Mai 2011 präsentierten Updateallianz zwischen Google und anderen Androidherstellern, an die sich schlussendlich aber nur der Softwarehersteller selbst gehalten hat. Den konkreten Wert argumentierte man damals damit, dass Untersuchungen zeigen würden, dass sich die KonsumentInnen alle zwei Jahre ein neues Gerät zulegen würden - nicht zuletzt durch die Vertragszyklen bei den Mobilfunkanbietern getrieben.

Kurzsichtig

Eine Position, die wohl nicht gerade für sich beanspruchen kann, sonderlich "nachhaltig" zu sein, und beispielsweise den Weiterverkauf von Geräten überhaupt nicht in Betracht zieht. Dass andere Androidhersteller zum Teil noch wesentlich kürzere Supportzeiträume als Google anbieten, macht die Angelegenheit auch nicht gerade besser.

Reale Auswirkungen und Gefahren

Selbst wenn man in Betracht zieht, dass ein bedeutender Teil der NutzerInnen wohl gar nicht genau weiß, auf welcher Androidversion ihr Smartphone oder Tablet läuft, hat dies doch recht reale Auswirkungen. Ohne zeitnahe Updates wird jedes Gerät früher oder später zum lohnenden Ziel für Angriffe aller Art. Eigentlich ist es sogar einigermaßen verblüffend, dass es bisher noch zu keinem großen Vorfall in dieser Hinsicht gekommen ist.

Brachliegende Neuerungen

Doch nicht nur aus einer Sicherheitsperspektive wäre es wünschenswert, dass die Hersteller ihre Geräte zuverlässig und flott aktualisieren. Denn neue Androidfunktionen können noch so toll sein. Wenn sie durch mangelnde Verbreitung brachliegen, werden sie auch von App-EntwicklerInnen nur wenig genutzt werden. Google versucht diesen Effekt zwar mittlerweile durch Kompatibilitätsbibliotheken und die Auslagerung diverser Funktionen in die unabhängig aktualisierten Google Play Services abzufedern. Trotzdem kann auf diesem Weg längst nicht alles abgedeckt werden, wie auch nur ein flüchtiger Blick auf die neuen APIs von Android 4.4 zeigt. Es wird also wohl wieder einige Zeit brauchen, bis eine große Anzahl von Apps spannende Neuerungen wie das Storage-Framework oder den "Immersive Mode" nutzen werden. Hier hat Apple, dessen aktuellste iOS-Variante mittlerweile von mehr als drei Viertel aller NutzerInnen eingesetzt wird, einen entscheidenden Vorteil.

Und es bewegt sich doch...

Was bleibt ist die Erkenntnis, dass die diversen Maßnahmen von Google in Sachen Updatebeschleunigung langsam Früchte tragen. Es mag nicht gar so schnell gehen, wie von vielen ersehnt, trotzdem scheint sich zumindest bei einzelnen Herstellern langsam ein Problembewusstsein einzustellen.

Druck

Und selbst wenn die aktuellen Updates von Motorola und HTC auf Android 4.4 derzeit nur zwei Ausreißer in einem sonst weiterhin gemächlich agierenden Umfeld sein mögen, so könnte dies doch Druck auf den Mitbewerb ausüben. Insofern darf mit Spannung erwartet werden, wie andere Hersteller auf diese neue Herausforderung reagieren.

Nexus

An der Gleichung, dass jene, die wirklich zeitnahe und - vergleichsweise - langfristige Updates unter Android haben wollen, am besten mit Googles eigenen Nexusgeräten bedient sind, wird sich zwar auch auf Sicht kaum etwas ändern. Zumindest könnte sich aber der Abstand zu den Drittherstellern signifikant verringern. Und wer weiß, vielleicht setzt sich auch irgendwann einmal das Bewusstsein durch, dass die langfristige Versorgung mit Sicherheitsupdates auch im mobilen Bereich ein "Muss" ist. Dies wäre dann tatsächlich ein wichtiger Schritt für das Android-Ökosystem, für den es allerdings noch einiges an Umdenken bei allen Beteiligten benötigen wird. Und hier ist Google selbst keineswegs ausgenommen. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 29.12.13)