Für Zahnspangenträger gestaltet sich die Mundhygiene etwas schwieriger.

Foto: UMG/Welk

Greifswald - Nicht nur für etwa 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen, auch für immer mehr Erwachsene stellen Zahnfehlstellungen und Kieferfehlentwicklungen ein Problem dar. Je nach Grad der Fehlstellung können schiefstehende Zähne sogar krank machen, beispielsweise durch Fehlbelastungen der Kiefergelenke, unzureichende Zerkleinerung der Nahrung oder auch durch die eingeschränkte Mundhygiene. Weil insbesondere bei festsitzenden Zahnspangen letztere erschwert ist, entwickeln deutsche Forscher nun ein antibakterielles Lutschdragee, das die Zahnpflege erleichtern sol.

Erschwerte Mundhygiene

Erkrankungen im Mund werden hauptsächlich durch Bakterien verursacht, die normalerweise mit anderen Bakterienarten in einem Gleichgewicht leben. Erst durch die Bildung von weichen Belägen in Form eines Biofilms (Plaque) kommt es zur Störung der Mundflora durch krankheitserregende Mikroorganismen. "Daher spielt die tägliche mechanische Biofilmentfernung durch das Zähneputzen eine elementare Rolle in der Vorsorge von Erkrankungen der Zähne (Karies) oder Entzündungen des Zahnfleisches (Gingivitis) und des Zahnhalteapparates (Parodontitis)", sagt Zahnmediziner Alexander Welk.

Während lose Zahnspangen zur Reinigung beziehungsweise zum Zähneputzen herausgenommen werden können, geht dies bei den sogenannten Brackets nicht. Patienten mit Brackets benötigen für die Zahnhygiene nicht nur mehr Zeit, sondern auch spezielle Bürsten und Reinigungsgeräte, die in ihrer Anwendung mitunter nicht leicht zu handhaben sind. So leidet nicht selten bei der "Generation Zahnspange" die für die Vermeidung von Karies und Zahnfleischentzündungen notwendige gute Mundhygiene.

Enzymsystem im Speichel unterstützen

Forscher der Uni Greifswald arbeiten an einem geeigneten Zahnpflegeprodukt, das die in der Mundhöhle natürlich vorkommenden antimikrobiell wirksamen Enzymsysteme im Speichel unterstützt. In Form von Lutschdragees soll das körpereigene Abwehrsystem gestärkt und die Bildung eines schädlichen Biofilms schon im Vorfeld verhindert werden. Dabei wollen die Wissenschaftler das Enzymsystem (LPO = Lactoperoxidase) in der Mundhöhle nutzen, das einen antibakteriell hochwirksamen körpereigen Stoff produziert und damit für die biochemische Steuerung der Balance im Mund verantwortlich ist.

Das LPO-System als Bestandteil des angeborenen Immunsystems kann schädliche Bakterien in der Schleimhaut wirksam neutralisieren. Dieses Wirkprinzip wurde ursprünglich bereits Anfang des vorigen Jahrhunderts in der Milch entdeckt. Analoge Enzymsysteme kommen in allen Körperschleimhäuten, auch im Mund vor.

Seit Anfang der 90er Jahre wird versucht, eine Reihe von Zahnpflegeproprodukten auf der Basis des LPO-Systems auf dem Markt zu etablieren, die auf ein größeres Potenzial schließen lassen. Noch in diesem Jahr sollen die ersten Untersuchungen mit Probanden starten. Hierbei werden auch die individuellen Speichelenzymsysteme in Bezug zur Zahnmundgesundheit analysiert. (red, derStandard.at, 24.1.2014)