Wer auch immer neuer Microsoft-Chef wird: Er sollte Googles Motorola-Episode einer genauen Betrachtung unterziehen, und daraus Lehren für das eigene Unternehmen ziehen. Immerhin zeigen sich gewisse Parallelen zu Microsofts anstehender Nokia-Übernahme, die grundlegende Zweifel an der damit verbundenen strategischen Ausrichtung nähren.

Zwiespalt

Will sich Microsoft doch genau an jenem Spagat versuchen, an dem Google gerade nachhaltig gescheitert ist: Der Kombination aus eigener Hardwarefertigung und der vermeintlich neutralen Position als Anbieter einer mobilen Softwareplattform. Neben den eigenen Nokia-Geräten soll Windows Phone nämlich weiterhin auch Drittherstellern für deren eigene Geräte schmackhaft gemacht werden.

Interessenskonflikt

Diese Doppelstrategie ergibt sich aus zwei divergierenden Interessen bei Microsoft: Während ein bedeutender Teil des Unternehmens Windows Phone als Vehikel zur Verbreitung der eigenen Services ansieht, und somit auf den Geräten möglichst vieler Hersteller unterbringen will, geht es Nokia vor allem um die eigenen Geräteabsätze.

Befürchtungen

Dies lässt sich aber nur schwer vereinbaren, da solch eine Kombination den Drittherstellern wenig schmeckt, weil sie große Unsicherheiten birgt. Schließlich besteht immer die Gefahr, dass der Plattformanbieter irgendwann eine strategische Neuausrichtung vornimmt, neue Softwareversionen nur mehr für eigene Geräte verwendet, und dem Smartphonegeschäft der Drittanbieter von einem Tag auf den anderen die Grundlage entzieht. So soll es denn auch nicht zuletzt Samsung gewesen sein, das Google zum Ausstieg aus der Hardwareproduktion gedrängt hat.

Microsoft

Bei Microsoft könnte sich dieses Problem sogar noch verstärkt zeigen. Denn wo Google immer betont hat, Motorola Mobility als vollkommen unabhängige und in keinster Weise bevorzugte Geschäftseinheit zu führen, hat Microsoft bisher keine solchen Versprechen abgegeben. Ganz im Gegenteil will man die Vorteile einer Hand-in-Hand gehenden Entwicklung von Hard- und Software voll auskosten. Nicht unbedingt eine sonderlich verlockende Ausgangslage für Dritthersteller, zumal es bei Windows Phone aufgrund der deutlich geringeren Verbreitung - zumindest derzeit - schon an sich weniger zu holen gibt.

Strategie-Check

Google hat sich mit dem Motorola-Verkauf nun - wieder - eindeutig als Software- und Serviceanbieter positioniert. Apple setzt ohnehin von Beginn an rein auf die eigene Hardware und besitzt keinerlei Ambitionen sich mit Drittherstellern herumzuschlagen. Damit haben beide Unternehmen klare Entscheidungen getroffen. Diese wäre bei Microsoft ebenfalls dringend nötig, will man sich nicht weiter selbst im Weg stehen. (apo, derStandard.at, 30.01.14)