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Der Müll in der unmittelbaren Erdumgebung nimmt unüberschaubare Ausmaße an. Ideen für Maßnahmen gibt es mittlerweile viele, allein es hapert an der Umsetzung.

Foto: AP Photo/TU Braunschweig

Welche Zerstörungskraft hinter selbst winzigen Splittern steckt, illustriert dieses Bild: Bei dem Test wurde eine 12 Millimeter große Alukugel mit einer Geschwindigkeit von fast 25.000 Kilometer pro Stunde auf einen 18 Zentimeter dicken Aluminiumblock abgefeuert. Oft treffen im Orbit Kleinteile und Satelliten mit doppelt so hohem Tempo aufeinander.

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Berlin - Es ist im Grunde ein Umweltproblem wie andere auch: Knapp 6.500 Tonnen Schrott bewegen sich laut ESA aktuell um die Erde. Der kumulierende Schrott in der erdnahen Umgebung stellt ein bedeutendes Risiko für die Erdbewohner selbst, für die Raumfahrt und nicht zuletzt auch für die Wirtschaft dar. Die Probleme sind also bekannt, doch kaum jemand will dafür auch Geld ausgeben. Wie schnell sich der Müll im Orbit anhäufen kann, zeigten zwei Kollisionen im All, die schwerwiegende Konsequenzen nach sich zogen.

Vor genau fünf Jahren, am 10. Februar 2009, stießen rund 800 Kilometer über Sibirien ein amerikanischer "Iridium 33"-Satellit und der ausgediente russische Satellit "Kosmos 2251" zusammen. Beide zerbarsten in Tausende einzelne Teile, rund 2.200 davon konnten katalogisiert werden. Die Kollision wirkt sich bis heute aus: Mehrfach musste die Internationale Raumstation ISS Ausweichmanöver fliegen, weil die Trümmerwolke ihr gefährlich nahe kam.

Zwei Jahre zuvor, am 11. Jänner 2007, hatte China im Rahmen eines Tests einen eigenen Wettersatelliten in 850 Kilometern Höhe mit einer Rakete zerstört. Über 3.000 größere Bruchstücke verteilten sich daraufhin im Orbit. "Wenn man diese beiden Ereignisse zusammen nimmt, dann machen die daraus hervorgegangenen Fragmente etwa ein Drittel der Objekte aus, die wir vom Boden aus im Weltraum verfolgen können", erklärt Heiner Klinkrad, Chef für Weltraumtrümmer bei der europäischen Weltraumorganisation ESA.

16.674 Objekte ab zehn Zentimetern Größe

Trümmer und Gegenstände ab etwa zehn Zentimeter Größe kann das Space Surveillance Network des US-Militärs erfassen und verfolgen. Im Jänner 2014 meldete die Behörde 16.674 Objekte, davon 9.464 Bruchstücke. Bevor China seinen Satelliten absichtlich zerstörte, waren es nur 4.699. "Man geht davon aus, dass die Amerikaner eigentlich rund 22.000 Objekte detektieren", sagt Manuel Metz vom Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Nicht veröffentlicht werden demnach eigene militärische Objekte und solche, die man nicht zuordnen könne.

Die geringe Größe der Bruchstücke soll nicht über ihre Zerstörungskraft hinwegtäuschen: "Wenn eine Aluminium-Kugel von gerade mal einem Zentimeter Durchmesser auf einen Satelliten trifft, hat sie die Energie eines Mittelklassewagens, der mit etwa 50 Stundenkilometern in ihn hineinfährt", meint Klinkrad. Ein zehn Zentimeter großes Objekt würde einen Satelliten komlett auseinanderreißen. Derartige katastrophale Kollisionen treten im Schnitt alle fünf bis neun Jahre auf. Mit der wachsenden Zahl an Satelliten steigt in Zukunft auch die Gefahr für Zusammenstöße.

Viele Ideen, wenig Geld

Auf der sechsten Europäischen Weltraumschrott-Konferenz im vergangenen April beschlossen mehr als 350 Teilnehmer aus aller Welt, dass dringend für Ordnung im Orbit gesorgt werden soll. An Ideen mangelt es dafür nicht: Segel oder stromleitende Seile könnten ausgediente Satelliten zurück zur Erde bringen, "Remover Satellites" sollen andocken und als Müllabfuhr den Schrott so umlenken, dass er in der Erdatmosphäre verglüht, Segel könnten überflüssig gewordenes Material bremsen und zum Absturz bringen. Ein Laser, der kleinere Bruchstücke von der Erde aus abschießt, ist Metz zufolge "eher Zukunftsmusik".

"Die Technologie für einige Lösungen sollte eigentlich in Reichweite sein", sagt Klinkrad. "Wenn man denn genügend Geld bereitstellen würde." Es gebe jedoch gleich mehrere Hindernisse. Etwa rechtliche Probleme: "Wir können nicht einfach hochgehen und Satelliten und Oberstufen entfernen, die uns nicht gehören." Zudem beobachte das Militär die Entwicklungen zur Entfernung von Raumfahrtrückständen sehr genau. Denn die Technologie sei natürlich nicht ausschließlich dazu geeignet, Schrott zu entfernen - auch funktionsfähige Satelliten könnten gekapert werden.

Dennoch sind sich Experten einig, dass es höchste Zeit für entsprechende Maßnahmen ist: Etwa 900 bis 1.000 aktive Satelliten kreisen um die Erde. Sie sorgen für weltweite Telefonverbindungen, helfen bei der Wettervorhersage, verbreiten Fernsehbilder und ermöglichen Navigationsgeräten, ihren Standort zu bestimmen. Sie zu ersetzen, würde nach ESA-Schätzung etwa 100 Milliarden Euro kosten, der wirtschaftliche Schaden wäre noch viel höher. (APA/red, derStandard.at, 8.2.2014)