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Da spritzt der Schnee, sticht der Wind und glühen die Wangen.

Foto: AP/ALESSANDRO DELLA BELLA

Anreise: ab Sankt Johann oder Wagrain mit Regionalbus bis Ortsmitte Kleinarl

Route: Ortsmitte Kleinarl - Kleinarler Hütte; Abfahrt: Rodelbahn

Aufstieg: 2 Stunden Abfahrt: rund 30 Minuten

Schwierigkeiten/Lawinengefahr: keine

Einkehr: Kleinarler Hütte (www.kleinarlerhuette.at, geöffnet bis Ende März, Rodelverleih, Übernachtungsmöglichkeit)

Karte: ÖK 125 "Bischofshofen"

Foto: Der Standard

"Im Dahinfahren durch den weißen Bergwinter, tausend Meter über dem gewohnten Leben, vergisst man alles, was des Vergessens wert ist, und reitet sausend bergab." Kaum einer schwärmte je so weltweise vom Rodeln wie Hermann Hesse in Wintertage in Graubünden. Und wie recht er doch mit diesen Zeilen hat: In einer Rodelpartie verbinden sich kindliche Ausgelassenheit und Unbedarftheit mit einer Erwachsenen-Portion Freiheit.

Hesse mag zwar in seinen Erinnerungen vom Schlitteln in der Schweiz geschrieben haben. Doch es verwundert nicht, dass das Rodeln überall in den Alpen seit über einem Jahrhundert zu den Evergreens der winterlichen Unterhaltung gehört. Wenn der Kufengalopp dann noch mit einer reizvollen Winterwanderung zum Startpunkt kombiniert wird und oben sogar eine gemütliche Berghütte liegt, kann daraus nur ein Wintermärchen entstehen, das sich tief in kindliche und Kind gebliebene Gemüter einprägt.

Eines dieser Wintermärchen sei hier vorgestellt: die Naturrodelbahn von der Kleinarler Hütte hinunter nach Kleinarl im Salzburger Pongau. Die lange, manchmal leicht anspruchsvolle Strecke zählt mit 6,5 Kilometern zu den längsten und schneesichersten des Salzburger Landes.

Winterschöne Wälder

Aufgestiegen wird mit winterfesten Bergschuhen oder Schneeschuhen vom Ortszentrum in Kleinarl, von wo man dem beschilderten und meist geräumten Weg zunächst über die Ache zu den Häusern auf der Hirschleiten folgt. Nun geht es mit Ausnahme einiger kleinerer Steilstufen recht gemütlich über den Plojergraben und die Uhlenflucht - mit einer Jagdhütte - abwechselnd über offenes Gelände und durch lichte, winterschöne Hochwälder. Ziel ist die Kleinarler Hütte auf 1754 Metern Seehöhe.

Die familiär geführte Raststation unterm Penkkopf zählt zu den wenigen auch im Winter bewirtschafteten Hütten im Salzburger Land und serviert laut Hüttenwirtin Claudia Tillinger nur Frisches aus der Region - unter anderem zu Kaspressknödel, Rindsgulasch und Kaiserschmarrn verarbeitet. Beliebt ist die Hütte vor allem bei Einheimischen und logischerweise bei Familien, die sich hier einen Wander-Rodel-Tag gönnen.

Das Bild um die Hütte beherrschen der Penkkopf und der Thörlstein, weiter weg die Ennskraxn, der Watzmann, Großglockner und Ankogel. Wer keine Rodel mitgebracht hat, kann sich in der Hütte eine ausleihen; und wer in seinem Tourenbuch noch einen Gipfelerfolg verzeichnen will, besteigt in 30 Minuten den 2011 Meter hohen Penkkopf.

Gleiten und bremsen

Die Kufen unserer Rodeln sind gewachst, wir selbst gestärkt und aufgewärmt. Nun aber los! Wie die Profis stoßen wir uns ab, flitzen, lachen, jubeln und jodeln den Aufstiegsweg hinunter. Da spritzt der Schnee, sticht der Wind und glühen die Wangen. Aber Vorsicht, nicht allzu übermütig werden! Die Strecke besteht nicht nur aus sanften Gleitstücken, sondern auch aus einigen steilen Passagen, wo weniger Versierte abbremsen sollten - obwohl die Strecke vor zwei Jahren bereits entschärft worden sei, wie uns die Wirtin der Kleinarler Hütte erzählte.

Irgendwo in der Mitte der langen Strecke treffen wir wieder zusammen, tauschen kurz Rodlerlatein aus, lassen die Thermosflasche kreisen und setzen schließlich unsere Reise ins Kindlich- und Kindischsein fort. Die Zusammenfassung für die Fahrt auf den Hängen des Penkkopfes kommt aber wieder von Hermann Hesse.

Denn sein Streckenbericht aus Graubünden scheint wie für die Kleinarler Bahn geschrieben: "Die Fahrt auf dem gut gebahnten, genügend steilen Weg ging rasch und flott, (...) durch Wald und an schönen Ausblicken vorbei, das Auge bald auf den Weg gerichtet, bald im hohen reinen Himmel ruhend, während feine, vom Schlitten aufgerissene Schneestaubwolken mir kalt und prickelnd übers Gesicht stoben." Wer rotwangig in Kleinarl ankommt, hat gewiss alles vergessen, was des Vergessens wert ist. (Thomas Rambauske, DER STANDARD, 8.2.2014)