Bild nicht mehr verfügbar.

Die Kommission zur Reform des Weisungsrechts: Neben der vornehmlich männlichen Justizprominenz sitzen auch die Vizepräsidentinnen der Höchstgerichte und eine Oberstaatsanwältin im Gremium.

Foto: APA

Wien - Zum Gruppenbild mit drei Damen lud am Montag Justizminister Wolfgang Brandstetter, um seine Expertenkommission zu präsentieren, die ab sofort an seinem umstrittenen Weisungsrecht rütteln darf. "Ohne jede Vorgabe" sollen eineinhalb Dutzend Fachleute Vorschläge für eine Reform erarbeiten, darunter die Präsidenten der Höchstgerichte, die Leiter der Oberstaatsanwaltschaften und die Standesvertreter der Richter, Staatsanwälte sowie Verteidiger, aber auch einige Spitzenbeamte aus Brandstetters Ressort.

Doch nach dem harmonischen Fototermin im Palais Trautson könnte die Kommission noch Konflikte auszutragen haben, denn nicht alle Mitglieder gelten als glühende Befürworter, dass dem Minister das Weisungsrecht entzogen wird, um mögliche politische Einflussnahme in Fällen von öffentlichem Interesse - also rund um Politiker und Promis - ein für alle Mal abzustellen.

Die Harmonie trügt

Seit Jahrzehnten wird über Druck von höchster Stelle auf Staatsanwälte gemunkelt, genauso wie über vorauseilenden Gehorsam der Ankläger. "Mein Ziel ist, Ruhe in die Justiz zu bringen", sagt Brandstetter. Doch wer anstatt des Ministers an die Weisungsspitze gehievt wird, um über Wohl und Wehe der Vorhaben der Staatsanwaltschaften zu entscheiden, darüber herrschte noch nie Einigkeit.

Eckart Ratz, Präsident des Obersten Gerichtshofes und nun in der Kommission, warnte vor kurzen im Fall eines Verzichts auf eine politische Weisungsspitze davor, "dass die Staatsanwälte einen Staat im Staat bilden". Ebenso werden den Leitern der Oberstaatsanwaltschaften nur zarte Ambitionen für eine Reform nachgesagt - weil damit auch sie Macht abgeben müssten, wenn damit auch die Berichtspflicht der Staatsanwälte fällt oder zumindest eingeschränkt wird.

Skepsis in der ÖVP

Ein uneinheitliches Bild gibt auch die Koalition ab: Während sich die ÖVP offiziell bedeckt hält, beäugen Schwarze Brandstetters Vorhaben informell recht misstrauisch. Kein Wunder: In der Causa Telekom etwa läuft ein Ermittlungsverfahren gegen ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka. Und trotz anhaltender OECD-Kritik an Österreich, dass vom Justizressort "subtiler Druck" in sensiblen Causae ausgeübt wird, hielt Vorgängerin Beatrix Karl (ÖVP) eisern an ihrem Weisungsrecht fest. Die SPÖ dagegen würde - ähnlich wie die Grünen - das Recht am liebsten einem unabhängigen Bundesstaatsanwalt übertragen, der vom Parlament für bis zu zehn Jahre gewählt wird und nur mit Ministerklage beim Verfassungsgerichtshof abgesetzt werden kann.

Holzinger nahm Einladung nicht an

In weiser Voraussicht nahm Gerhart Holzinger, Präsident des Verfassungsgerichtshofs, die Einladung Brandstetters in die Kommission erst gar nicht an - als Vertreterin des Höchstgerichts sitzt dort nun allein Vizepräsidentin Brigitte Bierlein, damit jeder Anschein der Befangenheit der Institution vermieden wird. Das Kalkül der Doppelspitze: dass es nach der Reform, die mit Verfassungsmehrheit und so mit Stimmen von zumindest einer Oppositionspartei beschlossen werden muss, zu Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof kommt.

Bis das Weisungsrecht neu geregelt ist, lässt sich Brandstetter über die Vorhabensberichte der Staatsanwaltschaften in aufsehenerregenden Fällen "nicht" einmal "im Detail" berichten. Stattdessen befindet ein von ihm ernannter dreiköpfiger Weisenrat über berichtspflichtigen Akten.

"Kurzfristige Maßnahme"

Verfassungsrechtler Heinz Mayer hält dazu fest, dass das "nur eine Übergangslösung, eine kurzfristige Maßnahme" sein könne: "Rechtlich bleibt der Minister verantwortlich, er kann seine Kompetenz ja nicht an ein paar Privatleute delegieren". Mayer hält eine Reform binnen "weniger Monate" für möglich.

Anders Gottfried Strasser, Rechtsschutzbeauftragter im Justizressort, Weise und Mitglied der Kommission: "Unter einem Jahr versprechen wir nichts", sagt er, der sich für die Generalprokuratur als oberste Weisungshierarchie ausspricht. Den Weisenrat nennt auch Strasser "ein Provisorium" - und beruhigt: "Es gibt eine befristete Vereinbarung auf ein Jahr." (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 18.2.2014)