Werner Faymann und Michael Spindelegger wurden von Matthias Strolz überrumpelt, Gabriele Heinisch-Hosek handelte.

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Wien - Einen "nationalen Schulterschluss" hätte Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) namens der Regierung gern von der Opposition. Wegen der maroden Hypo Alpe Adria und der Milliardenmalversationen, mit denen die Republik irgendwie zurande kommen muss.

Wie das gehen könnte, darüber wurde Montagfrüh bei einer von Grünen und FPÖ einberufenen Sondersitzung im Parlament hitzigst "diskutiert". Die Opposition war einig: Wer Schulterschluss will, muss dafür etwas tun: einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Causa Hypo einsetzen - noch ist der in Österreich nämlich kein Minderheitsrecht.

Ende des Schweigeexerzitiums

Man wurde, erwartungsgemäß, nicht handelseins, als Kanzler Werner Faymann (SPÖ) erstmals seit seinem einwöchigen Hypo-Schweigeexerzitium eine Erklärung abgab: Er verteidigte die Bad-Bank-Lösung und hofft auf konstruktive Mitarbeit der Opposition beim Versuch, die Kosten für die Bürger so gering wie möglich zu halten - etwa durch Verlängerung der Bankenabgabe. Mehrfach sprach Faymann aus, wen er für den Hauptverursacher hält: die damals FP-geführte Kärntner Landesregierung. Da verbitte er sich Empfehlungen von jener FPÖ, die "schon einmal bewiesen hat, dass sie nicht in der Lage ist, verantwortungsvoll zu handeln". Jetzt dürfe man nicht die Fehler der 1930er-Jahre machen. Da habe der Zusammenbruch der Creditanstalt einen "wirtschaftlichen Flächenbrand" ausgelöst.

Auch Spindelegger wies auf die Kosten für die Steuerzahler hin, ohne sie zu beziffern. Wer das tue, sei "Scharlatan". Klar sei: "Kosten wird es den Steuerzahler auf jeden Fall etwas, dafür können wir uns bedanken bei Haider und Co." Bis Sommer will er die Sache erledigt haben - und 2016 ein Nulldefizit. Da wurde im Plenum laut gelacht.

"Verantwortungsketten"

Gegen den häufigen Verweis auf den früheren, 2008 verunglückten FPÖ/BZÖ-Chef Haider verwahrte sich FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache alias "Schutzpatron der österreichischen Steuerzahler" (O-Ton Strache). Auf einen Toten "hinzuhauen" sei unredlich - SPÖ und ÖVP hätten Landeshaftungen mitbeschlossen - und würden alle "Verantwortungsketten" ausblenden, vor allem das "Finanzverbrechen der Verstaatlichung", wo die SPÖ-ÖVP-Regierungen in die Ziehung kämen. Das sei in einem Untersuchungsausschuss "lückenlos" aufzuklären.

Mit einem U-Ausschuss winkte auch Grünen-Chefin Eva Glawischnig, sekundiert von Neos und Team Stronach. Also U-Ausschuss statt Schulterschluss. Aber auch sie erinnerte: "Der Urknall dieses ganzen Desasters ist selbstverständlich das freiheitliche System in Kärnten gewesen." Wenn auch nur ein Akt dieses Dramas.

Grünen-Vize Werner Kogler vermutet noch einen Drama-Akteur: die Nationalbank. Deren Verantwortung will er prüfen und politischen Druck in der Causa auch durch Mails belegen können.

73 dringliche Fragen

Von ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka durften sich die Grünen dafür "Fundamentalopposition" vorwerfen lassen - da waren ihre 73 Fragen aus der dringlichen Anfrage ("Schutz der SteuerzahlerInnen vor dem Totalversagen der Bundesregierung") an Spindelegger noch gar nicht dran. Was der an Antworten lieferte, empfand Eva Glawischnig jedenfalls als "skandalös", zumal sein Intro in Form von Kritik am "Wettbewerb der Beschimpfungen" schon nicht gut angekommen war im Plenum. Glawischnigs Konter: U-Ausschuss oder weitere Sondersitzungen.

Ein Hypo-U-Ausschuss kommt für die Klubchefs von SPÖ (Andreas Schieder) und ÖVP (Lopatka) nicht infrage, für zwei Koalitionsabgeordnete aber durchaus: Kai Jan Krainer (SPÖ) und Jakob Auer (ÖVP). Für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses stimmte am Montag die SPÖ-Abgeordnete Daniela Holzinger. Sie könne sich sonst "nicht mehr ins Gesicht schauen", begründete sie den Schritt. Auch der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hat nichts gegen einen Untersuchungsausschuss.

Nicht Ruhe, sondern Aufruhr verursachte ein "Gag" von Neos-Chef Matthias Strolz. Er klebte auf die Regierungsbank vor den Finanzminister eine überdimensionale Pfändungsmarke. Diesen "Kuckuck" fanden auch die scharfzüngigen Grünen "unwürdig". Faymann war erzürnt und ging. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 18.2.2014)