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Die Voestalpine AG will ihren Ruf nicht beschädigt wissen.

Foto: APA/BARBARA GINDL

Wien/Linz - Die Voestalpine hat den Umweltdachverband und dessen ehrenamtlichen Präsidenten Gerhard Heilingbrunner auf fünf Millionen Euro Schadenersatz geklagt. Anlass waren kritische Äußerungen zur Verwendung von LD-Schlacke im Straßenbau."Wir haben uns wohlüberlegt dazu entschlossen, uns gegen wiederholte rufschädigende Falschdarstellungen zur Wehr zu setzen", teilte Konzernchef Wolfgang Eder am Mittwoch mit.

"Die Klage befindet sich nunmehr auf dem Rechtsweg - es gibt dazu auch keine neuen Entwicklungen", sagte Eder. Die Voestalpine werde daher keine weitere öffentliche Stellungnahme abgeben. Die erste Verhandlung finde am 10. März statt.

Heiligenbrunner sagte am Mittwoch: "Das ist ein frontaler juristischer Angriff und eine gesellschaftliche Bedrohung von NGOs und dem Ehrenamt." Der Umweltdachverband will sich gegen die Millionenklage beim Handelsgericht Wien zur Wehr setzen.

De-facto-Boykott bei potenziellen Abnehmern

Laut Voestalpine sollen die Umweltschützer die Aussage unterlassen und widerrufen, dass es sich bei LD-Schlacke um Abfall handelt, der gesundheitsschädlich und umweltgefährdend sei. Diese Äußerungen hätten zu einem De-facto-Boykott der LD-Schlacke bei potenziellen Abnehmern wie etwa Straßenbaugesellschaften geführt. Den dadurch verursachten Schaden bezifferte die Voestalpine in ihrer im Jänner eingebrachten Klage mit der nun öffentlich gewordenen Summe von fünf Millionen Euro.

"Dieser Schaden wurde weder von Herrn Dr. Heilingbrunner noch vom Umweltdachverband verursacht - sie haben weder rechtswidrig noch in Schädigungsabsicht gehandelt", betonte die Rechtsanwältin der Umweltschützer, Elisabeth Macer, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Denn Basis ihrer Äußerungen seien rechtskräftige Bescheide des Lebensministeriums beziehungsweise Gutachten und Studien von Experten, wonach beispielsweise LD-Schlacke Abfall sei und ordnungsgemäß entsorgt gehöre.

"Herr Dr. Heilingbrunner und der Umweltdachverband haben vom Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht und weder Kredit noch Erwerb der Voestalpine geschädigt noch diese in ihrer Ehre verletzt", so Macer. Die geltend gemachte Schadenssumme sei "jedenfalls überhöht, und wir haben eine Streitwertbemängelung gemacht - der Streitwert ist angemessen herabzusetzen", so die Anwältin.

"Gute Nacht" zur freien Meinungsäußerung

"Mir ist nichts bekannt, dass ein ehrenamtlicher Präsident einer Nichtregierungsorganisation jemals in einer derartigen Höhe auf Schadenersatz geklagt wurde", sagte Heilingbrunner. "Da kann man 'Gute Nacht' sagen zur freien Meinungsäußerung, zu einem offenen, freien, demokratischen Staat." Den Streitwert bezeichnete er als "astronomisch hoch". Für den Umweltdachverband sei das Bedrohungsszenario "ruinös".

Im Jahr 2013 kam es laut Voestalpine zu einer verminderten Abnahme beziehungsweise zu einer Nichtabnahme der umstrittenen Schlacke, der Konzern müsse nun mehr als eine gesamte Jahresproduktion - den Angaben zufolge 250.000 Tonnen - in einer Werksdeponie zwischenlagern. Heilingbrunner und der Umweltdachverband hätten unrichtig, ehrenbeleidigend und kreditschädigend agiert.

Die Umweltschützer wiederum meinen, der Stahlkonzern wolle die Kritiker mit der Schadenersatzklage einschüchtern und mundtot machen. Allein im Gerichtsverfahren erster Instanz sei mit einem Kostenrisiko von 180.000 Euro zu rechnen, erklärte der ebenfalls mit der Causa betraute Rechtsanwalt von Umweltdachverband und Heilingbrunner, Lorenz Riedler.

An Voestalpine-Generaldirektor Eder appellierte Heilingbrunner, sich - wie andere kleine und mittlere Unternehmen auch - an das ökologische Verursacherprinzip und das Vorsorgeprinzip zu halten, was eine mögliche Gesundheitsgefährdung der eingesetzten Stoffe betreffe. Heilingbrunner verwies dabei auf die aktuelle Werbekampagne des Stahlkonzerns zum Thema Nachhaltigkeit: "Wenn man schon als Unternehmen mit Verantwortung wirbt, dann soll man auch als Unternehmen werben, das sich der ökologischen Kreislaufwirtschaft verschreibt", meint der Naturschützer.

Der Konzern werde sich "bis auf Weiteres auch nicht an öffentlichen Diskussionen und Spekulationen rund um die Gesamtthematik 'LD-Schlacke' beteiligen". Die Voestalpine sei "zuversichtlich, dass die Bemühungen des Ministeriums, der Wirtschaftskammer, des Umweltbundesamtes und anderer Beteiligter zu einer konstruktiven, faktenorientierten und raschen Lösung und damit einer wiederhergestellten Rechtssicherheit führen". (APA, 19.2.2014)