Zuwanderung und Abwanderung in Linz.

Grafik: Der Standard

Linz - "Linz verliert die meisten Jungfamilien und Kinder aller Landeshauptstädte Österreichs!", schlug die ÖVP am Donnerstag Alarm. 2012 sind in die oberösterreichische Landeshauptstadt um 1600 Menschen mehr zu- als weggezogen", freute sich am selben Tag die regierende SPÖ. Beide Parteien ziehen ihre Schlüsse aus aktuellen Zahlen, jedoch aus unterschiedlichen Erhebungen.

Konkret hat sich die Linzer ÖVP die Wanderungsbilanz der neun Landeshauptstädte zwischen 2002 und 2012 angeschaut. Dabei hat sie die Zahlen der Statistik Austria für die Städte herangezogen (siehe Grafik). Aufgeschlüsselt nach Altersgruppen kam dann folgendes Ergebnis heraus: Sowohl bei den Null- bis 17-Jährigen als auch bei den 27- bis 39-Jährigen "liegt Linz im Städtevergleich beim Abwanderungsverlust an der traurigen Spitze", erklärt Vizebürgermeister Bernhard Baier. So hat die Stadt in einem Jahrzehnt 9136 Personen in den beiden Altersgruppen verloren.

"Maßnahmenprogramm für mehr Familienfreundlichkeit"

Ein Trend, der jedoch auch in allen anderen großen Landeshauptstädten zu beobachten ist. "Familien-Gewinner" (Baier) sind hingegen jene Landeshauptstädte mit weniger als 100.000 Einwohnern, allen voran Eisenstadt mit seinen gut 13.000 Einwohnern. Um weitere Abwanderung zu verhindern, will die ÖVP von Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) ein "Maßnahmenprogramm für mehr Familienfreundlichkeit" und im März-Gemeinderat einen entsprechenden Antrag einbringen.

Auf diese Forderung konterte Luger mit ganz anders lautenden Zahlen. Für ihn gibt es die "angebliche Flucht aus der Stadt schon lange nicht mehr" . Vielmehr beobachtet er eine "Re-Urbanisierung". Auch wenn der Zehn-Jahres-Vergleich negativ für Linz ausfällt, sei es 2011 zur Trendwende gekommen, die sich allerdings aus der von der ÖVP präsentierten Statistik nicht herauslesen lässt.

Die am Donnerstag präsentierte Wanderungsstudie der Stadtforschung ermittelte für 2012 ein Plus von 1600 Personen. So standen 10.300 Wegzügen aus Linz 11.900 Zuzüge gegenüber. Dass das Leben in der Stadt wieder gefragt ist, lässt sich auch anhand der Zahlen für Wien belegen. Bei der ÖVP-Erhebung belegte Wien bei der Wanderungsbilanz zwar den vorletzten Platz, aber gleichzeitig verzeichnet das Bundesland Wien seit einigen Jahren die höchsten Bevölkerungszuwächse aller Bundesländer. Im Jahr 2013 stieg dort laut Statistik Austria die Bevölkerungszahl im Jahr 2013 um 1,4 Prozent. In absoluten Zahlen entspricht dies einem Zuzug von 24.400 Personen.

Zurück in die Stadt

Erich Dallhammer, Geschäftsführer des österreichischen Instituts für Raumplanung, bemerkt auch eine Rückbesinnung auf das urbane Leben. So sind es vor allem ältere Menschen, die aufgrund der besseren Versorgung und der Infrastruktur wieder vom Umland in die Städte ziehen. Aber auch das stellte der Raumplaner fest: "Die steigenden Mobilitätskosten führen zu einem Umdenken." Es werde wieder die Wohnortnähe zum Arbeitsplatz gesucht. Das können die Stadtforscher des Magistrats Linz auch bestätigen. Sie haben in ihrer Studie auch die Motive für den Zu- und Wegzug erhoben. So gaben 42 Prozent jener Personen, die in die Stadt übersiedelt sind, an, dies wegen des Arbeitsplatzes getan zu haben.

Aber auch Jungfamilien mit zwei berufstätigen Elternteilen und besonders Alleinerzieher und Alleinerzieherinnen kehren wegen des Kinderbetreuungsangebots in die Städte zurück. Eine Entwicklung, die Dallhammer ebenfalls zunehmend feststellt, auch wenn sie statistisch (noch) nicht evident sei. (Kerstin Scheller, DER STANDARD, 21.2.2014)