Wien – Vier von fünf krebskranken Patienten leiden unter Schmerzen unterschiedlicher Ursachen, Charakteristika, Intensität und Dauer. Tumorbedingte Hintergrund- und Dauerschmerzen lassen sich mit einer angemessenen Schmerztherapie gut kontrollieren. Plötzlich auftretende heftige Schmerzattacken onkologischer Patientenen, so genannte Durchbruchschmerzen, sind dagegen nach wie vor schwer in den Griff zu bekommen.

Beim 18. Internationalen Wiener Schmerzsymposium (7.-8.März) werden innovative Therapieoptionen für Durchbruchschmerzen vorgestellt. Der Tagungspräsident Hans G.Kress, Präsident der Europäischen Schmerzföderation EFIC und Leiter der Klinischen Abteilung für Spezielle Anästhesie und Schmerztherapie an der medizinischen Universität Wien kritisiert in diesem Zusammenhang den schwierigen bürokratischen Zugang zu den neuen Medikamenten, der vor allem schwer erkrankte Menschen betrifft.

"Während es bei Krebspatienten in frühen Krankheitsstadien in 30 bis 40 Prozent der Fälle zu diesen akuten Durchbruchschmerz-Attacken kommt,  sind Menschen in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium praktisch immer betroffen. 70 bis 90 Prozent von ihnen leiden an diesen häufig unerträglichen Schmerzspitzen", so Kress.

Rascher Wirkungseintritt erforderlich

Typischerweise erreicht der Durchbruchschmerz binnen weniger Minuten das Schmerzmaximum, dauert durchschnittliche 30 bis 45 Minuten und kehrt mehrmals täglich wieder. Herkömmliche Analgetika, etwa orale Immediate-Release-Opioide, versagen hier häufig, da diese Medikamente ihre Wirkung üblicherweise erst dann entfalten, wenn die Attacke bereits abklingt. Für eine effektive Durchbruchschmerz-Kontrolle sind diese Arzneimittel daher nicht geeignet.

Mit Fentanyl steht ein potentes Opioid zur Verfügung, das 100-fach stärker wirkt als Morphin, aber eine kurze Anschlagszeit und Wirkdauer aufweist. Mittlerweile wurden eine Reihe neuer, leicht anwendbarer und schneller wirksamer Applikationsformen in Form von Sticks, Nasensprays oder Buccaltabletten entwickelt: Diese wirken rasch über die Mund- oder Nasenschleimhaut und stellen gegenüber den sogenannten Immediate-Release-Opioiden einen großen Fortschritt dar.

Resorption über die Wangenschleimhaut

Das zeigen zahlreiche Studien, so nicht zuletzt eine kürzlich durchgeführte Untersuchung mit 263 Patienten zur Fentanyl-Buccaltablette (verbleibt bis zur Auflösung in der Mundhöhle, Anm.Red.). Die Schmerzintensität konnte im Durchschnitt um 45 Prozent gesenkt werden. Kress attestiert der Tablette auch im klinischen Alltag eine leichte Anwendbarkeit. "Die Verabreichung über die Wangenschleimhaut umgeht weitgehend den  initialen  Abbauprozess über die Leber, der bei Aufnahme von Opioiden über den Magen-Darmtrakt üblicherweise stattfindet", sagt Kress.

In Österreich profitieren Krebspatienten nur eingeschränkt von dieser Entwicklung, das die neuen Medikamente nicht "kassenfrei" verschreibbar sind.  Innerhalb des Stufensystems des österreichischen Erstattungskodex der Krankenkassen befinden sich diese in der sogenannten "No-Box" beziehungsweise der "Roten Box", was bedeutet, dass jegliche Verordnung von einem Chefarzt der Krankenkassen individuell bewilligt werden muss. (red, derStandard.at, 7.3.32014)