"Machen Sie sich keine Sorgen um die Qualität! Wir arbeiten mit den besten Investoren Russlands zusammen." Ein sogenannter "Economy Plus"-Wohnbau der RHDF im Moskauer Zagorye-Bezirk.

Foto: RHDF

Evgeny Ivliev: "Baukosten sind geheim."

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Die Russian Housing Development Foundation verwaltet leere Liegenschaften und vergibt diese an Investoren, die sich verpflichten, darauf billige Wohnungen zu errichten. Evgeny Ivliev, Vizegeneraldirektor der RHDF, erklärte Wojciech Czaja die Vorzüge des lukrativen Geschäfts.

STANDARD: Die RHDF ist eine Wohnbaustiftung. Was genau macht die?

Ivliev: Die Russian Housing Development Foundation (RHDF) wurde 2008 gegründet. Die Idee hinter dieser Stiftung ist, ungenutzte Grundstücke, die sich heute noch in Staatsbesitz befinden, zu dokumentieren, zu analysieren und gegebenenfalls einer neuen Nutzung zuzuführen. Da sprechen wir vor allem von Wohnbau.

STANDARD: Was sind das für Grundstücke?

Ivliev: Ganz unterschiedlich. Ehemalige Militärstützpunkte, Lagerstätten und strategische Punkte zur Verteidigung, die zur Zeit des Kalten Kriegs notwendig waren. Heute brauchen wir dieses Land nicht mehr und können es anderweitig nutzen.

STANDARD: Wie gelangen Sie an die Investoren?

Ivliev: Ganz unterschiedlich. Teilweise werden die Grundstücke direkt vergeben. Doch größtenteils werden die Liegenschaften in groß angelegten Auktionen versteigert.

STANDARD: Wie oft finden diese Versteigerungen statt?

Ivliev: Quer über das Land verteilt würde ich sagen: mindestens einmal pro Monat. Bisher haben wir in Russland circa 400 Versteigerungen abgewickelt. Ein Großteil davon ist bereits entwickelt.

STANDARD: Das heißt, der Staat Russland benützt die Stiftung, um zusätzliche Geldmittel zu lukrieren?

Ivliev: Nein, das ist falsch. Die Liegenschaften, von denen wir sprechen, werden nur zu einem Teil verkauft, größtenteils aber kostenlos vergeben. Unsere Versteigerungen sind Holländische Auktionen. Das heißt: Die Unternehmen, die daran teilnehmen, bieten zwar mit, aber nicht mit dem höchsten Kaufpreis wie sonst üblich, sondern mit dem besten und billigsten Nutzungskonzept und dem niedrigsten Preis pro Quadratmeter, mit dem die Wohnungen dann vermietet oder verkauft werden sollen. Wir drehen den Spieß sozusagen um.

STANDARD: Welche Auflagen hat der Investor zu erfüllen, wenn er auf RHDF-Land Wohnbau errichtet?

Ivliev: Die RHDF definiert, wie viel Quadratmeter Nutzfläche der Investor auf diesen Liegenschaften maximal errichten darf. Und wir geben vor, wie groß die Wohnungen zu sein haben. Dabei stützen wir uns auf empirische Daten aus der Umgebung, denn die Nachfrage nach Wohnraum variiert von Region zu Region.

STANDARD: Und wie können Sie garantieren, dass der Investor nicht einen gewissen Qualitätslevel unterschreitet?

Ivliev: Das macht der Markt für uns. Der Konsument ist derjenige, der die Qualität beurteilt. Massenware und minderwertige Objekte - das können Sie mir glauben - werden es am Markt schwerhaben. Gute Qualität hingegen zieht die Käufer an.

STANDARD: Das stimmt in der Theorie. In der Praxis jedoch wird auch das minderwertigste Objekt Abnehmer finden, wenn die Nachfrage sehr groß und das Angebot entsprechend klein ist.

Ivliev: Nein, das glaube ich nicht. Billige Massenware werden Sie in den von uns entwickelten Wohnbauprojekten nicht finden.

STANDARD: Die Fotos Ihrer Projekte sagen anderes.

Ivliev: Das sind hochwertige und äußerst beliebte Wohnhochhäuser, die sich einer sehr hohen Nachfrage erfreuen. Ich sage es noch einmal: Wir arbeiten mit den größten und besten Investment-Unternehmen Russlands zusammen. Machen Sie sich bitte keine Sorgen um die bauliche Qualität dieser Projekte!

STANDARD: Wie hoch sind die Baukosten Ihrer Projekte?

Ivliev: Das kann man nicht so genau sagen.

STANDARD: Circa? Von bis?

Ivliev: Das ist ein Betriebsgeheimnis.

STANDARD: Wie hoch sind Ihre Gewinnspannen?

Ivliev: Wir selbst haben gar keine Gewinnspanne. Wir sind eine Stiftung. Alles andere sind vertrauliche Daten unserer Partner. Ich bitte Sie zu verstehen, dass wir die Zahlen der Investoren, mit denen wir zusammenarbeiten, nicht aus der Hand geben.

STANDARD: In Ihren Akquise-Unterlagen steht, dass Sie den Investoren eine Gewinnspanne von 20 bis 31 Prozent garantieren. Das ist sehr viel. Wie ist das möglich?

Ivliev: Natürlich sind das Projekte, die preisgünstig und somit wirtschaftlich attraktiv sind. Vor allem im Massenwohnbau kann man billig bauen. Wir bezeichnen das als "Economy Plus".

STANDARD: Quantität vor Qualität also?

Ivliev: Bitte einen anderen Tonfall!

STANDARD: Wer kümmert sich um die Infrastruktur?

Ivliev: Der Investor.

STANDARD: Das heißt?

Ivliev: Der Investor kümmert sich um den Straßenbau. Doch nicht alle Grundstücke der RHDF werden für Wohnbauzwecke genutzt. Rund zehn Prozent der Liegenschaften nutzen wir für Retail-Zwecke, vor allem für Supermärkte und Shoppingcenter. Weitere zehn Prozent unseres Portfolios vergeben wir an Baustoffproduzenten, damit die gesamte Produktionskette lokal abgewickelt werden kann. Auch das spart Geld.

STANDARD: Manche Liegenschaften der RHDF liegen fernab von Siedlungsstrukturen. Wer kümmert sich um den öffentlichen Verkehr sowie um die Errichtung von Kindergärten und Schulen?

Ivliev: Kein Wohnbauprojekt ohne Busanbindung! Darauf legen wir größten Wert. Abgesehen davon haben wir einen sehr strengen Aufsichtsrat, der sich um die Einhaltung der nötigen infrastrukturellen Qualität kümmert.

STANDARD: Eine kritische Frage als Abschluss: Viele Ihrer Projekte sehen gleich aus. Woher kommt das?

Ivliev: Nein. Das tun sie nicht. Wir legen größten Wert auf Kreativität. Wir veranstalten jedes Jahr einen Gestaltungswettbewerb mit dem Titel House of the 21st Century, und der Gewinner bestimmt, welcher architektonische Stil im kommenden Jahr dominieren wird und wie die Fassadenfertigteile, die in dieser Zeit produziert werden, aussehen sollen. Sie sehen also: Wir legen Wert auf Abwechslung und Individualität. (DER STANDARD, 5.4.2014)