Ein Pils mag man sich in solch einem Glas nicht vorstellen.

Foto: Conrad Seidl

Beim ersten Mal war es noch lustig. Da hatte man den Eindruck, dass ein Gastronom den originellen Einfall hatte, sein Bier ausnahmsweise in Marmeladegläser zu zapfen - in der Brasserie 4:20 in der Via Portuense in Rom traf das den Zeitgeist. Und mit dem seltsamen Glas irgendwie auch den Geschmack - bei dem angebotenen vollmundigen und stark gehopften Imperial Pale Ale hat das Glas immerhin den Eindruck von Deftigkeit unterstrichen.

Ein Pils mag man sich aus einem solchen Glas aber nicht vorstellen. Ein belgisches Ale schon gar nicht. Schließlich bemühen sich Glashersteller seit Jahrzehnten, für den jeweiligen Bierstil das richtige Glas zu formen. Für ein österreichisches Märzen mag auch ein Tonkrug passen, für Kellerbier ein Holzkrug, für Porters gerne auch einer aus Metall.

Charakterverlust

Aber Marmeladegläser? Leider ist die originelle Idee inzwischen oft kopiert worden - im für seine Bierauswahl berühmten Malt House in New York kommt sogar das Golden Monkey, eines der feinsten Ales im belgischen Stil, in ein Glas, das eigentlich für Schraubverschlüsse gemacht worden ist. Und verliert darin seinen Charakter. Man möchte bitten, dass das keine weiteren Nachahmer findet. Doch diese Bitte kommt vielleicht schon zu spät: Erste Brauereien lassen bereits Marmeladeglas-ähnliche Trinkgläser herstellen. (Conrad Seidl, Rondo, DER STANDARD, 11.4.2014)