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Auf den Polygrafen des US-Präsidenten Thomas Jefferson, mit dem dieser ab 1804 seine Briefe kopierte, gab es noch keine Urheberrechtsabgabe. Auf moderne Festplatten wird es wohl auch keine geben

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Die Urheberrechtsrichtlinie der EU sieht vor, dass für das Recht auf Privatkopie ein "gerechter Ausgleich" zu leisten ist. In der österreichischen öffentlichen Diskussion wurde die Einführung der Festplattenabgabe hingegen auch als Ausgleich für Verletzungen des Urheberrechts gefordert. Auch die österreichische Judikatur neigte zu dieser nicht differenzierenden Auffassung.

In einer Entscheidung gegen Hewlett-Packard hatte der Oberste Gerichtshof undifferenziert ausgesprochen, dass das auf Festplatten gespeicherte "urheberrechtlich geschützte Material" für die Bemessung der Festplattenabgabe maßgeblich sei (OGH 17. 12. 2013, 4 Ob 138/13t). In den Folgeentscheidungen des Oberlandesgerichts Wien gegen Nokia (OLG Wien 30. 1. 2014, 5 R 265/12w) und Sony (OLG Wien 28. 2. 2014, 2 R 108/13m) hatte das OLG Wien sogar ausdrücklich ausgesprochen, dass es unerheblich sei, ob die auf Festplatten gespeicherten Kopien aus legaler Quelle stammen oder nicht.

Nur aus rechtmäßiger Quelle

Der Europäische Gerichtshof hat, wie berichtet, vergangene Woche in der Entscheidung in der Rechtssache ACI Adam (C-435/12) klargestellt, dass eine Privatkopie nur zulässig ist, wenn die Kopie aus einer rechtmäßigen Quelle stammt. Mit anderen Worten: Raubkopien sind in keinem Fall Privatkopien.

Weiters stellte der EuGH klar, dass eine Festplattenabgabe nur zum Ausgleich für das Recht auf Privatkopie eingeführt werden darf. Durch eine Festplattenabgabe einen Ausgleich für Urheberrechtsverletzungen zu schaffen ist hingegen nach dem Urteil des EuGH mit dem Unionsrecht nicht vereinbar. Denn mit einer Festplattenabgabe Urheberrechtsverletzungen "auszugleichen" würde bedeuten, rechtstreuen Nutzern den Ersatz des Schadens aufzubürden, der von rechtswidrig handelnden Nutzern verursacht wird.

Die bisherige Judikatur des OGH und des OLG Wien unterschied jedoch nicht zwischen Kopien aus legaler und Kopien aus illegaler Quelle, d. h. zwischen Privatkopien und Raubkopien. Die bisherige österreichische Judikatur ist daher als überholt zu betrachten.

In den drei anhängigen Verfahren gegen Hewlett-Packard, Nokia und Sony hatte der OGH bzw. das OLG Wien die Rechtssache an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen. Dieses wird nun Feststellungen darüber zu treffen haben, in welchem Ausmaß Privatkopien in Österreich tatsächlich auf Festplatten gespeichert werden.

Geringfügigkeitsgrenze

Ist das Ausmaß der gespeicherten Privatkopien derart gering, dass durch die Entgeltfreiheit der Kopien bloß ein geringfügiger Nachteil für die Rechteinhaber entsteht, so ist nach der Padawan-Entscheidung des EuGH (C-467/ 08b) die Einführung einer Festplattenabgabe unzulässig. Genau diese Geringfügigkeitsgrenze wird aber nicht erreicht, da die Privatkopie auf Festplatten ein aussterbendes Phänomen ist:

Werden Inhalte per Streaming konsumiert, erfolgt lediglich eine begleitende bzw. flüchtige Vervielfältigung, jedoch keine Privatkopie. Kopien, die statt auf der lokalen Festplatte bei einem ausländischen Cloud-Anbieter gespeichert werden, sind ebenso wenig maßgeblich. Auch wer von einem vertraglich eingeräumten Vervielfältigungsrecht Gebrauch macht, z. B. nach den Nutzungsbestimmungen von iTunes oder des Amazon-MP3-Music-Store, erstellt keine Privatkopie, sondern eine entgeltlich lizenzierte Kopie. Computerprogramme sowie vollständige Bücher oder Zeitschriften sind überhaupt aus dem Anwendungsbereich der Privatkopie ausgenommen, sodass deren zustimmungslose Vervielfältigung immer eine - für die Festplattenabgabe unerhebliche - Urheberrechtsverletzung darstellt. Schließlich unterbinden Digital-Rights-Management-(DRM-)Systeme bei vielen Inhalten, wie insbesondere Filmen auf DVD oder Blu-Ray-Disc, das Anfertigen jeglicher Kopien.

Im Ergebnis sind Privatkopien auf Festplatten im Aussterben begriffen, sodass Rechteinhabern durch das Recht auf Privatkopie allenfalls ein bloß geringfügiger Nachteil droht. Unter diesen Umständen ist eine Festplattenabgabe jedoch nach der Rechtsprechung des EuGH unzulässig. (Lukas Feiler, Alexander Schnider, DER STANDARD, 14.4.2014)