Mit Körpersprache kommunizieren wir intuitiv und direkt. Kann gut sein, kann aber auch gewaltig daneben gehen.

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Mehr als 16.000 Worte werden im Alltag nicht gebraucht und verwendet. Weil der Rest dessen, was bewusst oder (meist) unbewusst ausgedrückt werden will, über Körpersignale kommuniziert wird. Bei den 300.000 bis 500.000 Wörtern, die laut Duden "verfügbar" wären, verdeutlicht diese Tatsache das Gewicht der Körpersignale. Gabriele Cerwinka und Gabriele Schwarz haben mit "Die Macht der versteckten Signale" einen Ratgeber auf den Markt geworfen, der sich dem Umgang mit Wortwahl sowie nonverbaler Kommunikation samt damit einhergehender Gefühlswelten beschäftigt. 

Sehr detailliert gehen die Autorinnen auf Mimik und Gestik ein, erklären die Wirkung auf das jeweilige Gegenüber - vom Begrüßungsblick, über den Händedruck oder die Vielzahl an Signalen, die allein die Muskulatur rund um den Mund aussenden können bis hin zu den bekannten Phänomenen der "Abwehrhaltung" wie zum Beispiel die verschänkten Arme. Also viele Möglichkeiten "negativ rüberzukommen". Die Lektüre soll jedenfalls dabei unterstützen, Widerstände zu erkennen oder eben aufzulösen.

Olfaktorische Barrieren

Knifflig ist, dass der Übergang zwischen sichtbaren und unsichtbaren Barrieren fließend verläuft. Im Grunde genommen kann ein das Blickfeld verstellender Gegenstand während eines Gespräches eben nicht nur "im Weg sein", sondern auch die inneren Gefühlsbarrieren enorm vergrößern - ohne dass man das bewusst wahrgenommen hätte. Äußere Barrieren können innere verstärken, innere Barriere zeigen sich nach außen - soweit eine recht verbreiteteFormel. Was in diesem Buch, aber in anderen nicht erwähnt wird ist, dass auch Gerüche enorme innere Widerstände aufbauen können. Ebenso Licht oder die wiederum bekannte Sitzordnung wie die jeweilige Raumwirkung.

Aber auch bei der Wortwahl lassen Fettnäpfchen nicht auf sich warten. Geht man die Liste der No-Gos durch, wird schnell klar: Mehr als 50 Prozent der schlechten Formulierungen sind einem selbst schon über die Lippen gekommen - und das nicht nur einmal. Praktisch wird der Ratgeber dann, wenn es um konkrete Punkte wie "Kritik" - Wie übt man sie, wie kommt sie an? - geht. Wie zum Beispiel die grobe Übersicht der Kritiker-Typen:

  • Der Nörgler sei einer, der Kritik in kleinen Dosen übe. "Er jammert über Kleinigkeiten, die Kritik ist selten offen, meist zwischen den Zeilen versteckt." Beispiele: "Das ist schon wieder schiefgegangen! Findest du nicht, man sollte besser aufpassen beim Telefonieren?" Klärende Gespräche lehne er ab, er habe ja nur allgemein gejammert.
  • Der Verallgemeiner stelle Kritik als "allgemeingültige Naturgesetze dar". Beispiele: "Du kommst ständig zu spät! Du denkst immer nur an dich." Eine Art der Kritik, so die Autorinnen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beim Gegenüber Barrieren aufbaue.
  • Der Übertreiber neige zu heftigen Gefühlsausbrüchen, heißt es. "Er setzt sich gerne in Szene, benötigt eine Bühne oder zumindest weitere Zuhörer für seinen Auftritt". Beispiel: "Es macht micht krank, mit anzusehen, wie du dich vom Chef in die Enge treiben lässt!" Übertreibungen prallen meist aber ab. Übertreiber werden nicht ernst genommen.
  • Der Eisberg "schweigt über Missstände, schluckt alles in sich hinein und erweckt den Eindruck, an ihm würden die Widrigkeiten der Mitmenschen abprallen. (...) Doch wehe, wenn das Fass überläuft. Meist ist es nur eine Kleinigkeit, die aus dem Eisber einen Vulkan werden lässt." Dann spucke dieser plötzlich Gift und Galle. Ähnlich wie beim Übertreiber, werde der Eisberg/Vulkan nicht ernst genommen. Vielmehr hoffe das Gegenüber, dass dieser sich wieder zurück in den Eisberg verwandelt.
  • Der Revolverheld ballert mit Kritik nur so um sich. Egal wer getroffen wird, "Hauptsache möglichst viele Leichen pflastern seinen Weg". Beispiel: "Ihr habt alle keine Ahnung, wie man mit schwierigen Kunden umgeht! Ihr seid wie die verängstigten Kaninchen, ohne Mumm in den Knochen!" Nicht selten werde über diesen Typus gelacht, so die Autorinnen.
  • Die Giftspritze setzt "ihre Stiche gezielt an der richtigen Stelle. Mit sicherem Gespür entdeckt sie die Achillesferse, die Stelle an der Kritik besonders weh tut. "Die Kritik ist nie besonders heftig, aber sehr subtil und treffsicher." Meist fühlen sich die Angesprochenen persönlich beleidigt.
  • Der Oberlehrer. "Er weiß grundsätzlich alles besser und spart daher nicht mit Kritik an seiner Umwelt. Kritik ist immer mit einer Belehrung verbunden. Er meint es aber nur gut und kann nicht so ganz verstehen, warum seine Unbeliebtheit zunimmt", heißt es. So Angesprochene werden "höchstwahrscheinlich die Augen zum Himmel drehen".

Manches an Cerwinkas und Schranz' Ratgeber gehört zu den Klassikern der (non)verbalen Kommunikation, die Aufteilung der Kapitel, sowie die durchlaufenden Tipps, wie man als Leser mit der einen oder anderen Situation umgehen könnte, macht das Buch doch lesenswert (für jene, die sich für das Thema interessieren). Die Sprache ist unkapriziös und kommt mit wenig Chi-chi aus, die Inhalte sind aus dem Leben gegriffen, die Tipps sind hilfreich. (Heidi Aichinger, derStandard.at, 18.4.2014)