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"Wir haben bisher keine Verdachtsmomente, dass Fälschungen in Österreich wirklich aufgetaucht sind", sagt Christa Wirthumer-Hoche von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES).

Foto: APA/dpa-Zentralbild/Matthias Hiekel

In der extrem heiklen Affäre um das Auftauchen von gefälschten Krebs- und Gelenksrheuma-High-Tech-Medikamenten in Europa gibt es vorerst beruhigende Informationen. "Wir haben bisher keine Verdachtsmomente, dass diese Fälschungen in Österreich wirklich aufgetaucht sind", sagt Christa Wirthumer-Hoche, Chefin der AGES-Medizinmarktaufsicht.

Chargen zurückgezogen

Vergangene Woche hatten die Behörden europaweit davor gewarnt, dass gefälschte Krebsmedikamente ("Herceptin"/Trastuzumab, Pemetrexed/"Alimta" und das Gelenksrheumamittels Infliximab/"Remicade") über einzelne Chargen deutscher Parallelimporteure in den Handel und an Spitäler gelangt wären. Die entsprechenden Chargen, die solche Fälschungen enthalten könnten, wurden zurückgezogen. Parallelimporteure kaufen international Arzneimittel zum billigst möglichen Preis auf, packen sie um und verkaufen sie weiter. Sie unterliegen entsprechenden Sicherheitsbestimmungen.

Nur als Beispiel in der Affäre wäre hier "Herceptin" als Produkt mit dem monoklonalen Antikörper Trastuzumab zu nennen. Originalware des Schweizer Konzerns Roche ist nicht betroffen. Christa Wirthumer-Hoche skizzierte folgenden möglichen Ablauf für diese Parallelimportware: In Italien seien offenbar "Herceptin"-Fläschchen gestohlen, manipuliert und dann über illegale Kanäle in die legale Versorgungskette gelangt.

Nicht zum ersten Mal

In Italien sei an sich der Weiterverkauf von solchen Krebsmedikamenten an Parallelimporteure verboten, das hätte gar nicht vorkommen dürfen. Mit gutem Grund: International hat es in den vergangenen Jahren immer wieder derartige Affären geben.

Laut der AGES-PharmMed-Chefin existieren aus Österreich bisher keine Meldungen über verdächtige Nebenwirkungen. Das ist aber nur ein Teil der kritischen Situation: "Herceptin" und Pemetrexed bekommen Krebspatienten vor allem in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung. Wirkungslose Präparate sind deshalb extrem gefährlich.

Die Ware dürfte zumindest über einen britischen Zwischenhändler an deutsche Parallelimporteure (etwa Haemato pharm und Inopha) gelangt sein. Christa Wirthumer-Hoche betonte, dass "nicht sehr viele Krankenanstalten" in Österreich solche potenziell problematischen Arzneimittel (aus den verdächtigen Chargen) geliefert bekommen hätten. Das verringert naturgemäß das Risiko.

Teure High-Tech-Medikamente

Im Hintergrund der Affäre steht der Preis. Und um diesen - es handelt sich bei "Herceptin" und Pemetrexed um High-Tech-Produkte, die in Österreich praktisch nur in Spitälern angewendet werden - wird gerungen. Spitalsapotheken handeln ihre Preise mit Lieferanten aus.

So würde laut Angaben der Österreichischen Apothekerkammer ein Fläschchen "Herceptin" (150 Milligramm Pulver für Infusionslösung) für Apotheken im Einkaufspreis zwischen 700 und 720 Euro kosten (Apothekenverkaufspreis rund 1.000 Euro), der Einkaufspreis für Pemetrexed (500 Milligramm Pulver für Infusion) beträgt für Apotheken rund 1.600 Euro (Verkaufspreis um die 2.300 Euro).

Das lässt Kunden an Möglichkeiten denken, die Ware möglichst billig zu erstehen. Allerdings, laut Hintergrundinformationen dürften die Parallelimporteure die Medikamente bloß um zwei bis fünf Prozent billiger als die Originalhersteller anbieten.

"Hoffentlich kein Schaden"

Genau das ist für den Generalsekretär des österreichischen Verbandes der pharmazeutischen Industrie, Jan Oliver Huber, einer der Punkte, an denen man einzuhaken müsse: "Hier muss besondere Vorsicht walten. Parallelimporteure und Einkäufer der Krankenhäuser müssen sich dessen bewusst sein." Beide hätten die Qualität ihrer Lieferanten entsprechend unter die Lupe zu nehmen.

"Man kann nur hoffen, dass dadurch keine Patienten zu Schaden kommen", so Huber. Im Ernstfall würde auch das Gesundheitswesen mit Mehrkosten konfrontiert sein. Zwar fielen auch Arzneimittel unter den freien Warenverkehr, doch die Qualität müsse einfach stimmen. Ende 2017/Anfang 2018 sollte mit den dann neuen Sicherheitsbestimmungen für die Arzneimittelkennzeichnung in der EU (Serialisierung, Codierung jeder einzelnen Packung) noch mehr Sicherheit bezüglich der Kontrolle ihrer Herkunft bis in die Apotheken geben sein. (APA, derStandard.at, 22.4.2014)