Tandem: Gemeinsam ein Stück Weg zurücklegen.

Foto: Lukas Friesenbichler

Pro
Von Margarete Affenzeller

Fahrradfahren ist gut. Man muss also gar kein großer Rechenkünstler sein, um daraus zu folgern, dass Tandemfahren mindestens doppelt so gut ist, ja noch viel mehr: Der Zweisitzer ist, wenn man es recht bedenkt, der ökonomische wie stilistische Gipfel der Radsportpraxis: Dieses schon von weitem anrührende Bild der Solidarität, die Form des scheinbar mühelosen Gleichklangs - sie machen aus der Fortbewegung ein elegantes Schaustück.

Zunächst sticht der Zusammenhalt ins Auge. Egal, wie wenig der Hintermann tritt oder treten kann: Beide kommen zur gleichen Zeit ans Ziel. Schwächen werden automatisch ausgeglichen, hinterrücks, im Schatten des Windes, macht das besondere Freude.

Man kann gar sagen: Am paarweisen Pedalrittertum kann die zur Individualität verdammte Gesellschaft genesen. Menschen tun sich zusammen und legen erhobenen Hauptes ein Stück Weg gemeinsam zurück. Wo gibt es das denn heute noch, wenn nicht auf den Radwegen des Landes?

Kontra
Von Ljubisa Tosic

Gar nicht nötig, sich den apokalyptischen Sonderfall auszumalen, ein panisches Nilpferd würde auf der Flucht vorm Kometenregen den Innenstadtweg von Synchronradlern kreuzen. Schon der Anblick eines Tandems reicht, um in dieser Vehikelform eine Methode zu erkennen, sein Glückskonto plötzlich zu leeren.

Es mag ja dem Gleichklang der Seelen förderlich sein, sich in vierbeiniger Eintracht zu üben. Selbst in kleinen Extremsituationen wird jedoch aus dem radelnden Stammhirn der Neandertaler (mit seinen simplen Reflexen) geweckt. Auch der Neandertaler war Individualist, also Totenglockenhörer oder Ruhebewahrer - am Rad folgt daraus nur widersprüchliches Handeln, kurz ist ja die Diskussionszeit.

Einer gibt Gas, der andere bremst. Einer fährt links, der andere rechts. Sucht der eine den Rückwärtsgang, ruft der andere Mutter an, um sich zu verabschieden oder eine letzte Pizza zu bestellen. Kritische Situationen erfordern jedoch Klarheit. Tandem - nur ein wirrer Weg, im Duett die Körperkarosserie zu gefährden.  (Rondo, DER STANDARD, 25.4.2014)