Die robuste Konjunktur, der milde Winter und die Konsumlaune der Bürgerinnen und Bürger bescheren Deutschland derzeit einen Rekordwert bei den Steuereinnahmen. Im Vergleich zum März 2013 sind Einnahmen von Bund und Ländern  im März 2014 um 7,2 Prozent gestiegen. Laut einem "Handelsblatt"-Bericht war der vergangene März mit einem Steueraufkommen von 55,4 Milliarden Euro der einnahmestärkste März aller Zeiten.

Während die Entwicklung der Steuereinnahmen die deutschen Regierungspolitiker erfreut, sorgt ein Vorstoß des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD) für Aufregung in Berlin. Albig möchte eine Art "Schlagloch-Maut" für alle deutschen Autofahrer einführen. Sie sollen 100 Euro im Jahr bezahlen, mit den Einnahmen könnten dann marode Brücken und Straßen saniert werden.

Im Koalitionsvertrag sind für diese Sanierungen fünf Milliarden Euro vorgesehen. Zu wenig, meint Albig und erklärt: "Wir brauchen zusätzlich sieben Milliarden Euro – und zwar jedes Jahr." Dafür  könnte ein neuer Sonderfonds mit dem Namen "Reparatur Deutschland" eingeführt werden.

SPD-Chef und Kanzlerin dagegen

Nicht nur SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel lehnt den Vorschlag ab, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) halten nichts davon. "Es ist kein Sonderfonds vorgesehen", lässt Merkel durch ihren Sprecher Steffen Seibert ausrichten. "Den Vorschlag, alle deutschen Autofahrer mehr bezahlen zu lassen, lehne ich ab", sagt Dobrindt. Sie würden jetzt schon ihren Beitrag für die Verkehrswege über die Kfz- und die Mineralölsteuer bezahlen.

Dobrindt will hingegen eine Pkw-Maut nur für Autofahrer aus dem Ausland einführen. Allerdings gibt es noch keinen konkreten Vorschlag aus seinem Ministerium, wie diese Idee umgesetzt werden soll, ohne EU-Recht zu verletzen. Zuletzt hatte er erklärt, im Sommer einen Plan vorlegen und die Maut am 1. Jänner 2016 einführen zu wollen. EU-Energiekommissar Günther Oettinger (der aus Deutschland stammt) plädiert hingegen für eine einheitliche Maut in allen EU-Staaten.

In der Union wird angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen der Ruf nach einem Abbau der kalten Progression laut. Bei dieser bleibt den Bürgern von einer Gehaltserhöhung nichts, da sie dadurch in eine höhere Steuerklasse rutschen und das Finanzamt das Plus wieder auffrisst. "Wenn es ernst gemeint ist, dass Leistung sich lohnen muss, dann muss sie (die kalte Progression, Anm.) weg", sagt der CSU-Politiker Peter Ramsauer. Die Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses, Ingrid Arndt-Brauer (SPD), will hingegen als Ausgleich für den Abbau der kalten Progression Spitzeneinkommen stärker besteuern. Mit dieser Forderung hatte die SPD auch den Bundestagswahlkampf bestritten, im schwarz-roten Koalitionsvertrag findet sie sich aber nicht mehr. (Birgit Baumann, derStandard.at, 23.4.2014)