Giraffen, Schwarzfersenantilopen und Flusspferde sind derzeit im Selous-Reservat überall anzutreffen.

Foto: Sascha Aumüller

Die Trockenzeit von Juni bis Februar gilt dennoch als die beste Reisezeit zur Tierbeobachtung.

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Afrikas Big Five - Elefanten, Nashörner, Büffel, Löwen und Leoparden - bevölkern dieses Reservat grundsätzlich auch. Aber auf einer Fläche größer als die Schweiz können sie sich hier leicht verstecken.

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Unterkunft im Selous The Retreat: pro Person und Nacht ab 500 Euro inklusive Vollpension.

Das österreichische Online-Reisebüro travel.at hat insgesamt 37 Unterkünfte in Tansania im Programm.

Safaris in Tansania werden häufig mit einem Badeurlaub auf Sansibar kombiniert.

Preisbeispiel Safari und Strand: Flug Wien – Dar – Wien in der Economy Class mit SWISS,
1 Nacht im Hotel Mediterraneo in Dar, Doppelzimmer Gartenblick inkl. Frühstück,
4 Nächte im Retreat (River Suite), inkl. Vollpension und Safari Package,
4 Nächte im Essque Zalu (Ocean View Suite), inkl. Halbpension, 3 Inlandsflüge,
pro Person: ab 3.925,- Euro

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Flug Wien-Daressalam zum Beispiel täglich mit Swiss via Zürich. Weiter zur Sumbazi-Piste im Selous-Reservat mit Charter ab rund 200 Euro.

Visum bei der Einreise für 50 US-Dollar erhältlich

Impfungen Ein internationaler Impfpass mit Nachweis der Gelbfieber-Impfung ist für Sansibar nötig. Malaria-Risiko besteht landesweit unter 1800 m inklusive der Städte und Nationalparks. Ein geringes Risiko herrscht in den Höhenlagen zwischen 1800 und 2500m, in Daressalam und auf den Inseln Sansibar und Pemba. Die Auswahl einer passenden Malariaprophylaxe sollte mit einem Tropen- bzw. Reisemediziner besprochen werden. Nähere Informationen erteilt das Zentrum für Reisemedizin Wien (Tel. 01/403 8343).

Grafik: DER STANDARD

Mit stoischem Blick streckt eine Giraffe ihren langen Hals aus dem Dickicht, um zwei Paviane beim Abendprogramm zu beobachten: Der eine Affe, ein verspieltes Kerlchen, rollt mit der flachen Hand bauschige Akazienblüten über den Boden. Sobald es ihm der zweite gleichtun will, springt sofort der erste auf, um auch noch die Blütenbällchen seines Gefährten an sich zu reißen.

Die Giraffe, in den Augen ihrer menschlichen Betrachter ein Wesen von An- oder Gleichmut, beginnt bereits eine Etage höher im Grünen zu kauen. Nie käme sie auf die Idee, die schmackhaften Jungtriebe der Akazie aus den Mäulern der anderen Giraffen an sich zu raffen. Schmatzend und wie zum Hohn der Paviane lässt sie ein paar Zweige nach unten fallen, auf dass die Affen erschrocken nach oben gaffen. Die Gier ist auch im Busch keine Zier, nicht unter Affen und noch weniger unter Giraffen.

Noch bevor es dämmert, läuft im Selous-Reservat schon das Hauptabendprogramm für Primaten – für die auf dem Boden spielenden ebenso wie für die aus dem Jeep fotografierenden. Nur zwei Fahrzeuge sind am Abend unterwegs, sechs Autostunden entfernt von Morogoro, dem nächstgelegenen Dorf im Süden Tansanias. Läge den Insassen der beiden Jeeps etwas daran, einander nie zu begegnen, sie könnten sich leicht verstecken im größten kontrollierten Wildschutzgebiets Afrikas.

Schlammschlacht

Nun aber liegt Pendaeli, einem der beiden Fahrer, ganz offensichtlich daran, dass sein Kollege bald auftaucht: "Wir haben uns im Schlamm festgefahren", gibt er über ein Walkie-Talkie durch. "Dort, wo im Schatten des alten Baobabs vor zwei Wochen eine Simba mit ihren Jungen rastete." Nicht nur sollte sich der Europäer in solchen Momenten schämen, ein fehlendes Navi zu beklagen, er darf vor Begeisterung verstummen ob der Effizienz dieser Adressangabe. Der zweite Jeep steht bereits vor dem Affenbrotbaum, wo eine Löwin gesichtet wurde, und bugsiert Pendaelis Land Rover aus dem Morast.

Es ist der Beginn der längeren von zwei Regenzeiten, die dem Busch von Selous zweimal im Jahr Schlammschlachten bescheren. Die Löwen verstecken sich bereits im hohen Gras, weil sie gerade Junge bekommen haben. Die vielen tiefenentspannten Schwarzfersenantilopen sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass von Raubkatzen derzeit kaum Bedrohung ausgeht.

Auch Pendaeli und seine Kollegen wirken nun entspannt. Nur einmal pro Saison, zwischen April und Mai, können sie ihre Familien außerhalb des Reservats besuchen – weil während der Regenzeit ohnehin keiner herkommen kann in das südliche Selous und zur abgelegenen Lodge einer Schweizer Ärztin, für die die Guides arbeiten.

Seit mehr als 20 Jahren lebt Uma Grob in Tansania. Doch weder die tansanische Ehrenbürgerschaft noch die eigene Landepiste im Selous sind ihr während des großen Regens ab März eine Hilfe. Ihr "Retreat", das sich in einem Gebiet größer als ihr Heimatland versteckt, ist dann von der Welt abgeschnitten. Oft über Nacht schwillt der Ruaha River nach einem einzigen heftigen Guss rapide an und trennt die Lodge von der aufgeweichten Piste, auf der sowieso keine Propellermaschine mehr landen kann.

Noch kurz vor dem nächsten Regenguss will Pendaeli seinen Fahrgästen aber ein weiteres Schauspiel zeigen. Es wird dem Stück für zwei Paviane und Giraffen ähneln, nur eine andere Besetzung haben. Unten am Ufer des Ruaha kommt dann so manchem dieser erste Gedanke: Kennt ihr das Spielzeug Hungry Hippos? Vier bunte Flusspferde aus Plastik schupfen dabei Kugerln im Kreis herum. Doch nur jenes Tier, das immer im richtigen Moment den Hals weit genug nach vorne reckt, wird auch satt.

Viel Futter für Vegetarier

Vier überaus lebendige Exemplare mit ledrigen Hälsen, die in diesem Moment aus einem Seitenarm der Hippohochburg Ruaha River auftauchen, scheinen das Spiel bestens zu beherrschen. Mit großem Elan kämpfen sie darum, wer die kugelrunden Blüten verdrücken darf, die irgendwo von einer Akazie in das seichte Wasser des 900 Kilometer langen Flusses gefallen sein müssen. Dabei leiden die dickhäutigen Vegetarier in diesen Tagen nun wirklich keinen Hunger. Bereits jetzt sind die Ufer mit froschgrünem Gras gesäumt. Täglich bis zu 50 Kilogramm können die Hippos davon verputzen, und schon am Beginn der Regenzeit tun sie das ohne größere Anstrengung und Gerangel.

Pendaeli hat auch keine Erklärung dafür, warum Flusspferde vermeintlich um Akazienblüten wetteifern. "Um diese Jahreszeit rühren sie normalerweise keine Wasserpflanzen an, es ist ja genügend Gras da", sagt er. Und selbst der wildniserfahrene Mangager der Lodge, Kobi du Preez, kann sich oft nur wundern über das Verhalten der Tiere. "Es ist hier so völlig anders als etwa im Krüger-Nationalpark. Dort reagieren Tiere eher wie in einem Zoo, sie sind an die Jeeps gewöhnt. Das Selous dagegen ist echte Wildnis mit all ihren Überraschungen." Der Südafrikaner weiß, wovon er spricht. Schon seine Eltern lebten und arbeiteten in einem südafrikanischen Reservat.

Was Pendaeli sehr wohl weiß, ist, warum sich die Menschen Tansanias seit langem für die Rinde der Schwarzdornakazie interessieren. "Sie hilft gegen Malaria", erklärt er. Hier, in diesem Teil des Selous, soll es die Krankheit aber gar nicht geben, obwohl sie in Tansania fast überall unter 2000 Meter Seehöhe ein Thema ist.

Ansteckungsgefahr

Im Selous kursiert aber derzeit eine menschengemachte Plage mit Ansteckungsgefahr: Wo erst einmal einige Wilderer in der unüberschaubaren Weite zugange sind, werden bald mehr folgen. Eigentlich schien hier die Wilderei in den 1990er-Jahren durch die sogenannte Uhai-Kampagne schon Geschichte zu sein. Die Regierung schickte zur Eindämmung der illegalen Jagd Truppen in den Süden des Reservats, das sein Ökosystem auf eine ungewöhnliche Art tariert: Anders als in einem geschlossenen Nationalpark ist die kontrollierte Jagd hier erlaubt. Mit den Einnahmen durch die Lizenzen wird der Schutz bedrohter Arten querfinanziert. Nichtsdestoweniger ist die Elefantenpopulation im Selous durch die wiedererstarkte Wilderei aktuell auf ein Drittel von 2009 gesunken, wie etwa die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF) schätzt.

Uma Grob darf rund um ihre Lodge kein Gemüse anbauen, um das fragile Ökosystem im Selous nicht zu gefährden. Die Bedeutung der Elefanten für dieses System vergleicht sie mit jener von Bienen für andere Vegetationszonen: Die Samen, die die Tiere fressen und wieder ausscheiden, werden wie bei einer Bestäubung weitergetragen. Ohne die Elefanten verschwinden auch die Büsche und Bäume im Busch.

Wird eine kritische Anzahl der Elefanten unterschritten, fehlt den Tieren das kollektive Gedächtnis für das eigene Überleben. Und diese kritische Menge der Elefanten-Bestände könnte nun laut ZGF möglicherweise bereits erreicht sein.

Freilich kann eine Luxus-Lodge mit nur zwölf Zeltsuiten das Bewusstsein dafür nicht annähernd in dem Ausmaß wecken, wie die Nachfrage nach Elfenbein und dem Keratin der Nashörner durch vorrangig asiatische Eliten derzeit wächst. Die Gier war im Busch noch nie eine Zier. (Sascha Aumüller, Rondo, DER STANDARD, 25.4.2014)

-> Weitere Fotos, darunter aus Sansibar, gibt's in dieser Ansichtssache zu sehen.

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