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Junge Frauen demonstrieren für die Fatah in Hebron im Westjordanland. 

Foto: APA/EPA / Abed al-Hashlamoun

Die hektischen Bemühungen um die Verlängerung der israelisch-palästinensischen Verhandlungen über den ursprünglichen Zieltermin am 29. April hinaus sind überflüssig geworden. Nach fünfstündiger Beratung hat Israels Sicherheitskabinett am Donnerstag einstimmig beschlossen, die Verhandlungen vorläufig nicht fortzusetzen. Zusätzlich wurde eine Serie von Sanktionen in Aussicht gestellt. Damit reagierte Israel auf die Ankündigung vom Vortag, dass die radikale Hamas an der palästinensischen Regierung beteiligt werden soll.

"Statt den Frieden zu wählen", wurde Premier Benjamin Netanjahu in einer Verlautbarung zitiert, habe Palästinenserpräsident Mahmud Abbas "eine Allianz mit einer mörderischen Terrororganisation geschlossen, die zur Zerstörung Israels aufruft".

Kein endgültiges Scheitern

Doch angesichts der starken Zweifel daran, dass die interne Spaltung der Palästinenser nun tatsächlich schon überwunden ist, gelten die Verhandlungen noch nicht als endgültig gescheitert. Die israelische Erklärung war nämlich so formuliert, dass sie die Möglichkeit von Verhandlungen für den Fall offen lässt, dass die palästinensische Einheitsregierung doch nicht zustande kommt. "Die Tür hat sich heute nicht geschlossen, und ich hoffe, dass wir zu den Verhandlungen zurückkehren können", sagte Chefunterhändlerin Zipi Livni im israelischen Fernsehen. Livni, deren erklärtes Hauptziel beim Regierungsantritt ein Friedensabkommen mit den Palästinensern war, warf Abbas vor, in den letzten Wochen Kompromissvorschläge regelmäßig unterlaufen zu haben. In Jerusalem wies man darauf hin, dass die Hamas in den USA, in Europa und jetzt auch in Ägypten als Terrorgruppe gelistet sei.

Ähnlich klang es auch im State Department in Washington: "Es ist schwer zu sehen", sagte dessen Sprecherin, "wie man von Israel erwarten kann, mit einer Regierung zu verhandeln, die sein Existenzrecht nicht akzeptiert" (siehe auch Artikel unten). Von israelischer und internationaler Seite wurde auf die Forderungen hingewiesen, die das "Nahost-Quartett (UN, USA, EU und Russland) schon vor Jahren an die Hamas gestellt hatte - sie müsse Israel anerkennen und auf Gewalt verzichten.

Umgekehrt meinte der palästinensische Außenminister Riad el-Malki, dass die Israelis sich wegen der Versöhnung mit der Hamas "keine Sorgen machen sollen" und Abbas sogar noch mehr als bisher für die Verhandlungen legitimiert sein würde: Die palästinensische Einheit "wird sehr hilfreich, denn die Israelis werden dann mit Präsident Abbas sprechen, der das ganze palästinensische Volk vertritt, sowohl Gaza als auch das Westjordanland". Es sei mit der Hamas vereinbart, dass Abbas Verhandlungen führen dürfe und ein eventuelles Abkommen mit Israel "zu einem Referendum vorlegen würde, wodurch das palästinensische Volk entscheiden würde, ob es das Abkommen unterstützt oder nicht".

Der genaue Wortlaut der "historischen" Vereinbarung zwischen den bisher verfeindeten Bewegungen Fatah und Hamas wurde zunächst nicht bekannt. Es hieß, man wolle binnen fünf Wochen eine Übergangsregierung aus "Technokraten", also parteifreien Experten, bilden. Diese solle dann Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vorbereiten, die binnen sechs Monaten stattfinden sollten. Hamas-Premier Ismail Haniyeh sprach in Gaza vom "Ende der Ära der Spaltung".

Ähnliche Anläufe hat es allerdings in der Vergangenheit schon wiederholt gegeben. So hatte man sich nach den Wahlen 2006 auf eine Einheitsregierung geeinigt, die dann aber nicht zustande kam. Nach einer weiteren Vereinbarung, die als "Wunder von Mekka" gefeiert wurde, wurde im März 2007 tatsächlich eine gemeinsame Regierung gebildet, doch schon im Juni wurde die Fatah nach einem blutigen Bürgerkrieg aus dem Gazastreifen verjagt. Weitere Verhandlungen samt Erfolgsmeldungen, die sich dann nicht bestätigten, gab es über die Jahre in Sanaa, Doha und Kairo.

Probleme bei der Umsetzung

Die Schwierigkeit lag immer in den Details der Umsetzung. Es geht dabei etwa um das genaue Programm und die Besetzung der Regierung, die Modalitäten der Wahlen, die Aufnahme der Hamas in die Dachorganisation PLO und die Kontrolle der Sicherheitskräfte - lauter heikle Fragen, die darüber entscheiden, wer letztlich die Macht haben wird.

Unklar ist auch, ob die Fatah-Polizei, die zur Zusammenarbeit mit Israel verpflichtet ist, nun im Ernstfall weiterhin Hamas-Terroristen verhaften würde. Bis zur endgültigen Versöhnung ist es nach Meinung vieler Beobachter noch ein langer Weg. (Ben Segenreich, DER STANDARD, 25.4.2014)