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Grafik: APA

Wien - Die Volksanwaltschaft hat im vergangenen Jahr einen neuen Rekord an Beschwerden verzeichnet. 19.249 Menschen wandten sich 2013 an die Institution, was ein Plus von 27 Prozent bedeutet. Davon betrafen 15.197 Beschwerden die öffentliche Verwaltung, hieß es am Donnerstag bei der Präsentation des Jahresberichts. In 16 Prozent der geprüften Fälle war die Beschwerde gerechtfertigt.

Volksanwalt Günther Kräuter zeigt sich nicht "stolz" über den "eklatanten Anstieg" der Beschwerden, sondern sprach von einem "Signal an Politik und Verwaltung". In 40 Prozent der Fälle sei tatsächlich ein formelles Prüfverfahren eingeleitet worden, wofür 73 Planposten zur Verfügung stehen würden. Teilweise zu erklären sei der Anstieg durch neue Präventivinstrumente, etwa vorgesehene Besuche in Einrichtungen mit Freiheitsentzug. "Für uns ist jede Beschwerde sehr, sehr ernst zu nehmen", so Kräuter.

Kontrollbesuche

Seit Juli 2012 führen Kommissionen Kontrollbesuche in Einrichtungen durch, in denen es zu Freiheitsentzug kommt. Bisher waren das in ganz Österreich 771 meist unangekündigte Kontrollen (530 im Berichtszeitraum), davon 137 in Polizeieinrichtungen, 71 in Justizanstalten, 111 in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, 94 in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, 156 in Alten- und Pflegeheimen, 79 in Psychiatrien und Krankenanstalten sowie sieben in Kasernen. Die Kommissionen beobachteten außerdem 56 Abschiebungen sowie 60 Demonstrationen und Polizeieinsätze. Laut Bericht stellten sie teils "gravierende menschenrechtliche Probleme" fest.

Die Volksanwaltschaft würde gerne - ähnlich wie beim Rechnungshof - neben öffentlichen Einrichtungen auch alle privaten Rechtsträger, an denen Bund, Länder oder Gemeinden mit 50 Prozent beteiligt sind, prüfen. Derzeit sei in diesem Bereich in vielen Fällen kein effektiver Rechtsschutz für Bürgerinnen und Bürger möglich, bedauert Kräuter. Eine weitere Forderung betrifft die Bundesländer: Hier verlangt die Volksanwaltschaft ein Rederecht in allen Landtagen. Derzeit sei dies nur in Wien, Salzburg und der Steiermark gewährleistet. 

Vielfältige Bereiche

Eine Vielzahl an Beschwerden habe das Arbeitsmarktservice (AMS) betroffen, berichtete Kräuter. Andere Forderungen an die Politik betreffen die Mindestsicherung, den Pendlerrechner, Sachwalterschaften und das Bundesheer.

Beim AMS beklagten sich die Bürger sich vor allem über vermittelte Schulungen und Kurse, die weder als inhaltlich sinnvoll noch adäquat empfunden worden seien, berichtete Kräuter. So sei etwa dem ehemaligen Chef eines großen international tätigen Unternehmens Kurse zur Erstellung von Bewerbungsschreiben empfohlen worden. Durch ein Prüfverfahren habe die Volksanwaltschaft aber bereits Verbesserungen bewirken können: So werde etwa beim AMS ein neues Kursangebot zusammengestellt. "Uns geht es nicht darum, das System grundsätzlich infrage zu stellen, aber wir wollen natürlich Qualitätssicherung", sagte Kräuter.

Auch im Bereich der Mindestsicherung gebe es zahlreiche Beschwerden: So habe die Bearbeitung eines Antrags knapp neun Monate gedauert. Kräuter fordert nun das Sozialministerium auf die Länder zu überprüfen, wo gegen die mit dem Bund ausgehandelte 15a-Vereinbarung verstoßen werde. "Es geht nicht um Nebensächlichkeiten, sondern um existenzielle Not, die uns immer wieder begegnet", lautet Kräuters Appell. Als letzte "Sanktion" ist für ihn auch die Ausarbeitung eines Grundsatzgesetzes über die Mindeststandards der Mindestsicherung vorstellbar, das die Länder verfassungsrechtlich verpflichtet, Mindeststandards einzuhalten.

Pendlerrechner, Sachwalter, Heer

Kritik am Pendlerrechner des Finanzministeriums übte Volksanwältin Gertrude Brinek (ÖVP). Sie sorgt sich, ob das auch politisch kritisierte Instrument "die geeignete Grundlage" für die Bemessung der Pauschale ist. Antragsteller würden teilweise "absurde Pfade" und "Routen durch Wald über Stock und Stein" berechnet. Brinek verlangt nun die Einsetzung einer Expertengruppe, die Vorschläge zu Adaptierungen des Pendlerrechners vorlegen und bis zum Sommer umsetzen soll.

Auch die Beschwerden über einzelne Sachwalterschaften reißen laut Brinek nicht ab. So sei etwa die Wohnung eines Mannes vom Sachwalter verkauft worden, während sich dieser in Untersuchungshaft befunden hatte. Brinek bedauerte auch, dass es zu keinen Beschwerden durch Sachwaltervereine komme. Politisch fordert sie nun sowohl gesetzliche Maßnahmen als auch zusätzliche Betreuungsformen für Betroffene und deren Angehörige.

Kritik an Beschäftigungsverhältnissen beim Bundesheer übte Volksanwalt Peter Fichtenbauer (FPÖ). So würden Soldatinnen und Soldaten im Übungs- beziehungsweise Ausbildungsdienst weder einen Kündigungsschutz genießen noch arbeitslosenversichert sein. Das verursache "gravierende Probleme für Betroffene", wenn sie sich etwa im Zuge ihrer Ausbildung verletzen, so Fichtenbauer. Die Volksanwaltschaft fordert, dass der Einstieg in den Militärdienst möglichst früh in einem regulären Dienstverhältnis erfolgen kann. (APA, 24.4.2014)