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Familienangehörige zerren Choi Sang-hwan aus dessen Büro.

Foto: REUTERS/Kim Kyung-Hoon

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Die Bergunsteams sind weiterhin im Einsatz vor Südkorea.

Foto: AP Photo/Yonhap

Seoul - Mehr als eine Woche nach dem Fährunglück in Südkorea bricht sich der Ärger unter den Verwandten der weiterhin vermissten Opfer immer stärker Bahn. Etwa 20 Menschen drangen am Donnerstag in das Büro des Vizechefs der Küstenwache, Choi Sang Hwan, ein. Im Wrack des gesunkenen Schiffs fanden Taucher die Leiche des Schülers, der noch vor der Besatzung einen Notruf abgesetzt hatte.

Die wütenden Angehörigen zerrten Choi aus seinem Büro, zerrissen sein Hemd und schlugen ihm ins Gesicht und in den Nacken. Sie warfen ihm lautstark vor, sie hinsichtlich der Rettungs- und Bergungsbemühungen von Anfang an belogen zu haben. Der Beamte wurde festgehalten, bis Mitarbeiter ihm zu Hilfe eilten und sich von den Angehörigen über die Anstrengungen der Behörden befragen ließen.

171 bestätigte Todesopfer

Die "Sewol" war vor einer Woche auf dem Weg zur Insel Jeju mit 476 Menschen an Bord gekentert und gesunken. 174 Insassen wurden gerettet, darunter der 69-jährige Kapitän und zwei Drittel seiner Besatzung. Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg am Donnerstag auf 171, 131 galten noch als vermisst. Ihre Bergung in dem trüben Wasser ist äußerst mühsam.

Die Bergungskräfte fanden im Schiffswrack die Leiche des Schülers, der vor der Schiffsbesatzung den Notruf angerufen hatte. Der Bursch sei von seinen Eltern identifiziert worden, berichtete die Nachrichtenagentur Yonhap. Er hatte drei Minuten vor der Besatzung völlig verängstigt durchgegeben, dass die Fähre sinke. Sein Anruf heizte den Ärger über die späte Reaktion von Kapitän und Besatzung weiter an.

Schüler an Bord

An Bord der Unglücksfähre befanden sich 352 Schüler einer Mittelschule der Stadt Ansan sowie rund ein Dutzend Lehrer, die zu einem Schulausflug auf die Urlaubsinsel Jeju wollten. Nur 75 der Jugendlichen überlebten das Unglück. Die Schule blieb nach dem Unglück zunächst geschlossen. Am Donnerstag fand für die höheren Klassen erstmals wieder Unterricht statt, die Überlebenden des Unglücks mussten aber nicht erscheinen.

Nach Angaben von Gerichtsmedizinern wollen einige Eltern der getöteten Schüler eine Obduktion verlangen, um die genauen Todesursachen festzustellen. Sie glauben, dass ihre Kinder möglicherweise zunächst in Lufteinschlüssen überlebt haben und noch am Leben sein könnten, hätten die Bergungsarbeiten nicht so lange gedauert. Bis die Taucher zu den ersten Leichen vordrangen, vergingen vier Tage.

Möglicherweise Defekt an Ruderanlage

Bei der Ursachensuche gehen die Ermittler einem möglichen Defekt an der Ruderanlage nach. Die Besatzung habe zwei Wochen vor dem Unglück ein Problem an der Steuerung festgestellt und eine Reparatur beantragt, berichtete der Fernsehsender Arirang. Die Ruderanlage habe "kein Strom" gemeldet. Der Defekt sei aber offenbar nicht behoben und die Fähre nicht aus dem Verkehr gezogen worden. Die Ermittler gehen Problemen am Ruder nach, weil eine abrupte Kursänderung dazu geführt haben könnte, dass die Ladung verrutschte und das Schiff in Schieflage geriet. (APA, 24.4.2014)