Wien - Er hat die robuste Physis eines Eishockeyspielers, mit einem kurz rasierten Charakterkopf eines Jean-Marc Barr oder eines Patrick Stewart obendrauf. Eingekleidet ist er in einen edlen Frack, elfenbeinfarbene Frackweste und Schleife aus Baumwoll-Piqué inklusive. Elementare Kraft und feinste Eleganz: So selbstverständlich, wie Christopher Maltman diese beiden Pole bei seinem Liederabend im Mozart-Saal optisch verbindet, so virtuos mischt er sie auch gesanglich.

Der Bariton vermittelt Virilität und bleibt doch in der Kraftentfaltung nobel. So huldigt er der Maxime des Liedgesangs, dass größtes Glück und größtes Leid am ergreifendsten in makelloser Schönheit darzustellen sind. An klassischer Schönheit war auch Schiller gelegen; einiges an Niederschlag, an Echo, welches seine Lyrik in der romantischen Liedkomposition fand, präsentiert Maltman mit Pianist Graham Johnson.

Schubert und Schumann dominieren, Liszts Musik kommt ebenfalls kurz zu Schillers Wort. Die zwei wohl beliebtesten Auswendiglernvorlagen des Klassikers, Der Handschuh und Die Bürgschaft, umrahmen die Pause wie zwei Kolosse: Maltman präsentiert sie mit opernbühnentauglicher Dringlichkeit. Doch auch Zartes kann der Kraftkerl gut, mischt Brust- und Kopfstimme mit gewinnender Unmerklichkeit: delikat etwa der lichte Beginn von Liszts Der Fischerknabe. Johnson trägt zum Idyll der Wellen hellen Klingklang bei, donnert bei den Balladen zuvor saftig, musiziert oft keck, pointiert, wenn auch nicht mehr immer mit der selbstverständlichsten Flinkheit der Finger. (end, DER STANDARD, 25.4.2014)