Ministerin Heinisch-Hosek rang im Parlament um Verständnis für das Sparen im Schulbereich - und wurde dabei nur von Kanzler Faymann und Minister Ostermayer unterstützt.

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Wien - Die Sitten im Hohen Haus gemahnen an diesem Donnerstagnachmittag an einen Schulhof in der großen Pause: Die grüne Gang wirft dem roten Klassenprimus seine früheren Zitate an den Kopf. Die blaue Clique hält der Schulsprecherin Zettel mit der Aufschrift "Nicht genügend!" entgegen. Worauf ihre roten Freunde wütend einschreiten. Bis die Aufsicht mit einer großen Glocke resolut bimmelnd zwischen die Streithansln geht.

Doch es ist Sondersitzung im Parlament. Eva Glawischnig & Co haben Kanzler Werner Faymann und Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (beide SPÖ) herbeizitiert, obwohl angesichts der Kürzungen im Schulbereich derzeit ein Bildungsgipfel den nächsten jagt.

Faymann als Bildungslobbyist

Jüngster Anlass für Empörung: Nachdem Heinisch-Hosek ihre Vorhaben - höhere Schülerzahlen an höheren Schulen, weniger Teamteaching an Neuen Mittelschulen - zurückgenommen hat, will sie nach Absprache mit den Ländern heuer 50 Millionen Euro bei den Ganztagsschulen hereinbringen, eigentlich Prestigeprojekte der SPÖ.

Gnadenlos hält die grüne Chefin Faymann all seine Versprechungen im letzten Nationalratswahlkampf vor. "Ich zitiere!", ruft sie in den Saal. ",Ich werde Bildungslobbyist', hieß es da von Ihnen!" Glawischnig fordert die Koalition auf, eine spartechnische "Tabuzone für den Bildungsbereich" auszurufen, gestaltungstechnisch seien die Pläne der Regierung "eine Bankrotterklärung". Der Kanzler, mit Heinisch-Hosek auf der Regierungsbank, tuschelt da gerade angeregt mit seiner Parteikollegin.

Bis er sich erhebt, um auf dreißig dringliche Anfragen der Grünen zur Lage der Bildung zu antworten. Mit sehr ernster Miene stellt Faymann in Abrede, dass drastische Kürzungen auf die Schulen zukommen. Nicht einmal auf die Ganztagsbetreuung, denn: Die Länder hätten 2011 und 2012 viel Geld für deren Ausbau liegenlassen - und die 50 Millionen würden halt 2018 lockergemacht. Weit kommt Faymann nicht. Der blaue Sektor reißt papierene Imitationen einer Schultafel in die Höhe, auf denen ein Fünfer für Heinisch-Hoseks Bildungspolitik prangt. Hier muss Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) zum ersten Mal einschreiten, damit die FPÖ ihr Bastelwerk wegsteckt.

Kanzler im rosa Anzug

Doch da feixt schon der Grüne Harald Walser in Richtung Kanzler: "Heute ist der 1. April, Sie haben einen rosa Anzug an, und es gibt keine Kürzungen im Budget! Zu sagen, es gibt keine Kürzungen, ist absurd!" Aufregung in den roten Reihen. Tumult. Prammer greift zur Glocke - und rüttelt diese, bis es schrillt, damit der Saal zur Ruhe kommt.

Auch Heinisch-Hosek versichert, dass die 50 Millionen für die Ganztagsschulen noch zum Einsatz kommen. Und sie plädiert für "ein Schulsystem" statt "neun verschiedener Systeme" - ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Länder, die gern alle Lehrer in ihre Hoheit überführen würden.

Das alles lässt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nicht gelten. Er ergeht sich über das "bildungspolitische Desaster", angefangen bei den gesamtschulartigen "Experimenten auf dem Rücken unserer Kinder" bis hin zu Zuständen in den Klassen, wo mitunter nur mehr "ein, zwei Schüler deutscher Muttersprache sitzen". Blau bringt einen Misstrauensantrag gegen Heinisch-Hosek ein.

Ähnlich entsetzt über deren Sparpläne sind das Team Stronach und die Neos. Chef Matthias Strolz meint, eigentlich sollten die Talente der Kinder "blühen wie die Kirschenbäume im Frühling", doch immer mehr darben nach der Schule ohne Jobs dahin.

Nur die Mandatare der ÖVP verzichten auf Tiraden. Sie stimmen zwar das blaue Misstrauensvotum mit der SPÖ nieder, halten sich ansonsten bei dem Spektakel aber lieber vornehm zurück. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 25.4.2014)