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Carlos Garcia Moreno, Finanzchef von America Movil, und ÖIAG-Chef Rudolf Kemler besiegeln Telekom-Syndikat mit America Movil am Mittwoch

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Der mexikanische Milliardär Carlos Slim hat sich erstmals die Kontrolle über ein europäisches Telekommunikationsunternehmen gesichert. Die Telekom Austria (TA), an der Slims Mobilfunkriese América Móvil (Amov) 26,8 Prozent hält, soll die Basis für Wachstum in Zentral- und Osteuropa sein, sagte Carlos García Moreno, Finanzvorstand von Amov, am Donnerstagnachmittag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ÖIAG-Chef Rudolf Kemler. "Manchmal kommt der Zug spät", sagte Moreno in Anspielung auf die turbulente ÖIAG-Aufsichtsratssitzung, die der Unterzeichnung des Syndikatsvertrag zwischen Amov und ÖIAG am Mittwoch vorausgegangen war. Aber heute sei man am Ziel.

Der erste Schritt für die gemeinsame Zukunft: Amov und ÖIAG bündeln ihre Pakete von 26,8 Prozent und 28,4 Prozent und kommen so auf gut 55 Prozent. Während sich die ÖIAG für die Republik Österreich längerfristig lediglich mit einer Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie begnügen will, streben die Mexikaner eine Vergrößerung an: 51 Prozent werden im Syndikatsvertrag quasi als Zielgröße für den Endausbau angepeilt, berichten Sitzungsteilnehmer unter Berufung auf den Syndikatsvertrag, während die ÖIAG auf 25,1 Prozent fixiert scheint.

Elf Prozent Aufschlag

Diesem Ziel dient der zweite Schritt, den Amov ebenfalls in der Nacht auf Donnerstag eingeleitet hat: Amov bietet TA-Aktionären 7,15 Euro je Aktie. Das entspricht einer Prämie von rund elf Prozent auf den Durchschnittskurs der vergangenen sechs Monate. An der Börse schoss die Aktie zeitweise um bis zu acht Prozent auf 7,2 Euro in die Höhe.

Das Österreich-Paket, das ÖIAG-Chef Kemler als "Sieg für den Standort" verkaufte, soll die Unternehmenszentrale in Österreich und die Marke Telekom Austria sichern - und die spezifischen Anliegen und Interessen der TA-Mitarbeiter. Letzteres heißt auf gut Deutsch, dass sich der neue Eigentümer an Beamten- und Arbeitsrecht halten wird. Außerdem soll der TA im Mutterkonzern das Vorrecht für Zukäufe in Südosteuropa eingeräumt worden sein, eine Art Exklusivität, wie es in TA-Kreisen heißt.

Klubzwang

In anderen Punkten scheint der Syndikatsvertrag, mit dem América Móvil und ÖIAG die künftigen Machtverhältnisse in der TA geregelt haben, weniger vorteilhaft. Er enthält neben dem Nominierungsrecht auf acht Amov-Vertrauenspersonen im TA-Aufsichtsrat (die ÖIAG bekommt nur zwei Sitze, einer davon der Präsident) auch detaillierte Bestimmungen über die Syndikatsversammlung, die vor jeder Aufsichtsratssitzung abgehalten wird. Jeder Partner muss demnach die ihm zurechenbaren Aufsichtsräte informieren und instruieren - im Einklang mit den rechtlichen Möglichkeiten, wie es einschränkend heißt. Das im Aktienrecht verbriefte freie Mandat dürfte damit abgeschafft sein und eine Art Klubzwang gelten. Auch habe Amov in der Syndikatsversammlung im Gegensatz zur ÖIAG ein Dirimierungsrecht. Die Nominierungsrechte - Amov stellt Finanz- und Technikvorstand, die ÖIAG den Vorstandschef - sind laut Standard-Recherchen an einen Mindestaktienanteil gekoppelt: Amov kann theoretisch auf 20 Prozent reduzieren, ohne Rechte zu verlieren, die ÖIAG darf nicht unter 15 Prozent fallen, sonst verfällt ihr Nominierungsrecht (für CEO und Präsident). Ein Vetorecht hat die Restverstaatlichtenholding mit ihrem Viertelanteil nur bei Kapitalerhöhungen.

Der Pakt sorgte am Donnerstag für hitzige Debatten. Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger (IVA) nannte ihn einen "Unterwerfungsvertrag". Die Grünen verlangen eine rechtliche Prüfung des Syndikats durch die Finanzprokuratur, weil die Zahl der Kapitalvertreter im ÖIAG-Aufsichtsrat mit 14 statt 15 Mitgliedern seit Februar nicht dem ÖIAG-Gesetz entspreche. Die ÖVP hingegen jubelte. AK-Direktor Muhm spricht von einer "wirtschaftspolitischen Bankrotterklärung". Der TA-Betriebsrat verteidigt den Boykott der Sitzung, er sieht die ÖIAG als "Junior-Junior-Partner". (ung, DER STANDARD, 25.4.2014)