Unter dem Titel "Kinder- und frauenfeindlich: Google, ÖBB und Homo-Adoption" veröffentlichte Herr Weihbischof zu Salzburg, Andreas Laun, am 2. Mai in diversen Medien einen Artikel, zu dem ich sowohl als Obmann des Vereins Vielfalt als auch als Privatperson, Vater und schwuler Mann Stellung beziehen möchte, insbesondere zu den Angriffen im Artikel auf gleichgeschlechtlich liebende Menschen.

Wohl der Kinder

Es stimmt natürlich, es geht bei der Regelung des Adoptionsrechts um das Wohl der Kinder. Mein Sohn, neun Jahre alt und bei mir - also einem schwulen Mann mit Partner - lebend, sagt auf die Frage, wie es ihm bei uns geht: "Ich fühle mich sehr wohl in meiner Familie." Er nennt das, worum es Herrn Bischof Laun also geht, direkt beim Namen: Er fühlt sich (kindes-)wohl. Aber um von der Allgemeinheit zu sprechen: Es liegen ausreichend Studien vor, die belegen, dass das Kindeswohl bei gleichgeschlechtlichen Paaren in keiner Weise gefährdet ist.

Sicherheit

Es gibt aber keine Sicherheit, dass das Kindeswohl in allen Familien stets gewahrt ist, wie Herr Laun schreibt. Daher ist das von ihm genannte Jugendamt eine wichtige Institution, um einzugreifen, wenn das Kindeswohl in Gefahr ist. Das gilt aber für heterosexuelle wie für homosexuelle Paare gleichermaßen.

Kind braucht Mann und Frau

Das Kind braucht in der Tat Mann und Frau für seine Entwicklung. Es gibt aber auch unzählige Belege und Studien dafür, dass gerade gleichgeschlechtlich liebende Eltern den Kontakt zum jeweils anderen Geschlecht sehr intensiv für ihre Kinder fördern (Beispiel Marina Rupp 2009). Ausnahmen mag es geben, wie überall.

Man tauscht die Eltern des Kindes auch nicht aus bei einer Adoption, wie Herr Laun dies darzustellen versucht, um in der Gesellschaft aufzuhetzen gegen gleichgeschlechtlich liebende Menschen; vielmehr ermöglicht man einem Kind, das nicht gewollt ist oder aus anderen Gründen leider nicht bei seiner Herkunftsfamilie leben kann, ein Leben in einer liebenden Familie. Bei den Bindungs- und Bezugspersonen spielt das Geschlecht für Kinder eine sehr untergeordnete, wenn überhaupt eine Rolle.

Sexueller Missbrauch

Dass die Gefahr des sexuellen Missbrauchs bei homosexuellen Männern höher ist als bei heterosexuellen, ist eine geradezu ungeheuerliche Unterstellung. Oder schließt der Bischof hier von den "Sünden homosexueller Priester in den eigenen Reihen" auf die Mehrheit homosexueller Männer? Fakt ist und bleibt: Sexueller Missbrauch wird überwiegend von heterosexuellen Männern an jungen Mädchen verübt.

Dennoch gibt es natürlich auch sexuellen Missbrauch bei homosexuellen Männern, wie die katholische Kirche eindrucksvoll belegen kann; dieser ist jedoch in keiner Weise statistisch höher gelagert als der sexuelle Missbrauch heterosexueller Männer an Mädchen. Daher müsste das Fazit des Herrn Laun lauten: keine Adoption von Kindern für niemanden, auch nicht für heterosexuelle Menschen.

Einem homosexuellen Paar ein Kind anzuvertrauen ist für den Bischof die "Gelegenheit zur Sünde". Das soll vermieden werden. Das ginge dann aber nur, indem niemandem mehr erlaubt wird, ein Kind zu haben, und schon gar nicht eines zu adoptieren, hetero- wie homosexuellen Menschen, denn: "Männer sind viel häufiger Missbrauchstäter als Frauen." Männer, nicht Homosexuelle, sondern schlicht und einfach: Männer, hetero- wie homosexuell.

Recht auf ein Kind

Ich stimme zu, es gibt in der Tat kein Recht auf ein Kind. Einen Menschen kann man nicht besitzen, und man kann auch nicht verlangen, einen "haben zu dürfen". Ergo müsste das Adoptionsrecht für heterosexuelle Paare ebenfalls abgeschafft werden.

Wenn wir für die Freigabe der Adoption für gleichgeschlechtlich liebende Menschen eintreten, übergehen wir keineswegs das Kindeswohl. Wir haben Institutionen, die zu überprüfen haben, ob das jeweilige Paar für die Aufnahme eines Kindes geeignet ist. Jugendämter haben sehr gute Erfahrungen mit gleichgeschlechtlich liebenden Paaren gemacht, wenn sie Kinder in Pflege nehmen. Herr Weihbischof Laun beschuldigt aber in seinem Artikel pauschal alle Menschen (die Adoptiveltern ebenso wie deren Unterstützer), das Wohl der Kinder einfach zu übergehen.

Vater und Mutter sind genetisch und biologisch die unersetzbaren Eltern eines Kindes. Wohin ich mich als Mensch zugehörig fühle, hängt aber nicht allein und ausschließlich von der Genetik und Biologie ab. Für Kinder sind, um sich einer Familie zugehörig zu fühlen, Liebe, Anerkennung, Geborgenheit, Behütetwerden, Klarheit in den Beziehungen, Bindungsmuster et cetera die Bestandteile, damit sie sich gut und gesund entwickeln können.

Missachtung der Frauen

"Wer für Adoption von Kindern durch Homosexuelle redet, missachtet Frauen und damit auch seine eigene Mutter. Allen diesen drei Beispielen gemeinsam: Es handelt sich um Missachtung des Kindeswohles und um Bevormundung und Missachtung der Frauen, besonders ihrer Mütterlichkeit."

Dieser Absatz aus dem Artikel des Herrn Bischof Laun, mit Verlaub, krönt die Welle an Haltlosigkeiten, nicht nur gegen Homosexuelle, sondern auch gegen deren Unterstützer. Auch lesbische Frauen sind Homosexuelle. Warum sollten die sich selbst missachten? Ich bin selbst ein gleichgeschlechtlich liebender Mann, und ich achte und ehre Frauen sehr. Insbesondere meine Mutter. Eine geradezu unfassbare Pauschalverurteilung eines Kirchenmannes.

Männlichkeitsbilder

Homosexuelle zu verurteilen für das, was sie sind (insbesondere Männer), missachtet die Weiblichkeit, denn das ist es ja, was vielen in der Gesellschaft an uns Schwulen so sauer aufstößt: unsere Weiblichkeit, die wir mal mehr und mal weniger offen tragen. Zu der wir, obwohl wir Männer sind, stehen können, sie achten und ehren können in allem, was wir sind und tun. Dass wir nicht dem hegemonialen Männlichkeitsbild hinterherlaufen wie blinde Hühner einem Korn.

Nicht liebende und fürsorgende homosexuelle Eltern gefährden das Wohl eines Kindes, sondern Menschen, die sie verurteilen, tun das.

Bischof Laun sollte dann meinem Sohn erklären können, warum die Familie, in der er aufgewachsen ist, in der er Liebe, Geborgenheit und Stabilität erfahren hat, so schlecht ist und warum andere Kinder hungern, misshandelt, ausgebeutet und missbraucht werden, wenn es Eltern (auch gleichgeschlechtliche) gegeben hätte, die ein solches Kind aufgenommen hätten. Denn: Auch wenn es in Österreich weniger Kinder als adoptionswillige Eltern gibt, so gibt es auf dieser Welt genügend Kinder, die ein fürsorgliches und behütendes Zuhause verdient hätten.

Die Adoption eines Kindes ist keine Frage eines Rechtes von Eltern auf ein Kind, sondern sie ist eine Möglichkeit, einem elternlosen oder leidenden Kind ein schönes und behütetes Zuhause zu schenken. (Sven Alexander Hofer, Leserkommentar, derStandard.at, 7.5.2014)