Von der Monarchie über Austrofaschismus und NS-Diktatur bis in die Gegenwart spannt sich der Bogen einer Ausstellung anlässlich des 175. Geburtstags des Landesgerichts für Strafsachen in Wien. Die Schau setzt sich dabei auch durchaus kritisch mit der Rolle der Justiz auseinander.

Wo heute Schwerverbrechen verhandelt werden, schossen bis 1831 die Bürger noch selbst. Die "Bürgerliche Schießstätte", wo aus Vergnügen und zur paramilitärischen Ausbildung geballert wurde, befand sich an der Alser Straße und der heutigen Landesgerichtsstraße.

Foto: Bezirksmuseum Josefstadt

Nach acht Jahren Bauzeit konnte die Bevölkerung ab dem 13. Mai 1839 das "Graue Haus", das heutzutage eher ockerfarben ist, auf freiem Feld bestaunen. Die Stadtmauer stand damals nämlich noch, zwischen ihr und den Vorstädten lag das Glacis.

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Bei der aktuellen Ausstellung im Bezirksmuseum Josefstadt geht es aber um alle Gerichte des Bezirks. Etwa auch das 1908 fertiggestellte Garnisonsgericht der kaiserlichen Armee am Hernalser Gürtel. 1920 wurde es zum Landesgericht II umgewandelt, mittlerweile ist es ein Polizeianhaltezentrum.

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Die Schau befasst sich durchaus kritisch mit der Justiz im Wandel der Zeit. Ein im Großen Verhandlungssaal des Garnisonsgerichts verhandelter Fall war beispielsweise jener gegen zwei tschechische Reichstagsabgeordnete, die im Jahr 1916 wegen antiösterreichischer Agitation zum Tode verurteilt wurden. Vollstreckt wurde das Urteil nicht - sie wurden 1917 amnestiert.

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Auch das Bezirksgericht Josefstadt hat eine bewegte Geschichte - es wanderte zwischen der Einrichtung im Jahr 1850 und heute durch halb Wien. Zu den Standorten gehörten unter anderem die Florianigasse, die Laudongasse, die Schiffamtsgasse in Wien-Leopoldstadt und das "graue Haus" selbst.

Foto: Bezirksmuseum Josefstadt

Architektonisch sind die Gerichtsgebäude heute eher weniger anspruchsvoll: das 1987 eingerichtete Arbeits- und Sozialgericht in der Wickenburggasse beispielsweise. (Michael Möseneder, derStandard.at, 13.5.2014)

Ausstellung "175 Jahre Gerichtsbarkeit in der Josefstadt", 15. Mai bis 26. Oktober, Mittwoch von 18 bis 20 Uhr, Sonntag von 10 bis 12 Uhr sowie nach Vereinbarung, Bezirksmuseum Josefstadt, Schmidgasse 18, 1080 Wien.

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