Wächst im Waldviertler Pilzgarten.

Foto: www.waldviertlerpilzgarten.at

Panellus stipticus, eine von etwa 40 Pilzarten weltweit, die nächtens grünlich leuchten. www.waldviertlerpilzgarten.at

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Manche Leute schicken ganze Baumstämme mit der Post in der Gegend herum. Warum, erklärt Baumstammbesitzerin Ute Woltron

Leute mit einem Hang zum experimentellen Erdewühlen und Pflanzenbeschwören verstehen einander blind - und gelegentlich sogar, ohne einander zu kennen. Denn nicht jedem kann man mit der sicheren Annahme, den anderen mit einer Gabe wie dieser zutiefst zu beglücken, einen Baumstamm per Post übermitteln.

Exakt ein solcher befand sich jüngst in einem voluminösen Paket, welchselbiges - von ächzenden Postverteilern auf meinen Schreibtisch gehievt - groß genug war, die Sicht auf die restliche redaktionelle Kollegenschaft zu verstellen.

Der Baumstamm war der einer Birke, das dazugehörige Accessoiresortiment der Traum jedes spätwintergelangweilten Botanikjunkies: ein Pilzzuchtset in adrettester Manier, übermittelt von zwei mitfühlenden Herren aus dem Waldviertel. Denen sei, laut Begleitschreiben, besagte Fadesse nur zu bekannt, das Pilzzuchtset könne aber als "hervorragende Beschäftigungstherapie für ungeduldige Gärtner" und als Rettung aus dieser Not vorzügliche Vorfrühlingsdienste leisten.

Neben dem Baumstamm befand sich entsprechend ein Glas voll mit von Pilzmyzel offensichtlich bereits gut durchzogenen Holzdübeln, ein Töpfchen eines bestimmten Wachses sowie ein Pinsel und die Zuchtanleitung.

Pilze also.

Um der uns eigenen Exaktheit wie gewohnt störrisch Folge zu leisten, darf die Zwischenbemerkung nicht entfallen, dass Pilze neben den Tieren und Pflanzen ihr eigenes biologisches Reich besiedeln - von wegen Botanikjunkie und so.

Derjenige Pilz, um zum Wesentlichen zurückzukehren, der alsbald meinen Birkenstamm rundum in üppigen Berüschungen besiedeln wird, ist noch dazu ein ganz besonderer:

Er gehört zu jenen lediglich etwa 40 weltweit bekannten Pilzarten, die kraft Biolumineszenz in der Nacht magisch-grünliche Lichtschimmer absondern. Für Nichteingeweihte ist das überaus unheimlich und hexenhaft, und man darf sich auf hysterisch veranlagten Besuch freuen. Den Schimmer beschrieb übrigens bereits der alte Plinius als "leuchtendes Holz". Wobei er sich auf von leuchtendem Myzel durchzogenes modriges Holz bezog, aber jetzt wird's zu detailliert.

Gutschmeckendes Schwammerlzeugs

Kommenden Frühling werden die Pilze jedenfalls sprießen, bis dahin muss der geimpfte Stamm im Garten kühl, schattig und feucht gelagert werden.

Die Herren Benedikt und Herbert Wurth, von denen er stammt, betreiben im Waldviertel einen Pilzgarten. Sie züchten dort neben dem leuchtenden Panellus stipticus auch allerlei gutschmeckendes Schwammerlzeugs, wie etwa den mittlerweile allseits bekannten und begehrten Shiitake, der ebenfalls auf Baumstämmen wächst, sowie verschiedene Austernseitlinge, japanische und einheimische Stockschwämmchen und begehrte Raritäten wie den Glänzenden Lackporling. Der heißt in China Ling Zhi und soll dem Vernehmen nach unter den heilenden Gaben der Natur einen der vordersten Ränge einnehmen.

Im Gegensatz zu diesen Delikatessen ist der Leuchtpilz nicht genießbar. Das macht nichts, er leuchtet mir gerade den Pfad in neue Experimentierfelder. Danke. (Ute Woltron/Der Standard/rondo/12/03/2010)