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Der Dichterfürst nimmt jetzt erst einmal eine Wohlfühltablette. Er schluckt sie ohne Semmel.

Foto: APA/Mark Lennihan

Der Dichterfürst mag sich in der Rolle des großherzigen Gönners alternativer und anderer als eigener trottelhafter Lebensentwürfe gefallen. Sozusagen: Scheißliberaler, sehr gern! Wenn aber die Mutter am Telefon ist, springt die Ampel von Grün auf Rot:

"Ja, ich weiß, dass man, wenn es kalt ist, im Freien eine Jacke anhaben sollte. Nein, ich muss die Tablette nicht in ein Stück Semmel geben, damit sie beim Schlucken nicht im Hals stecken bleibt. Ich kriege sie auch so hinunter. Ja, Weihnachtseinkäufe sind jetzt wahrscheinlich am klügsten, weil man noch alles bekommt, was die Familie in zwei Monaten haben will. Wenn du mir noch einmal sagst, dass der Schlaf vor Mitternacht der gesündeste ist, lege ich auf. Was? Wie? Nein, ich muss nicht endlich wieder einmal zum Friseur!"

Frauen. Geliebt, gefürchtet, ermordet. Ist es ein Wunder, dass man sich spätestens während der Therapie zur Midlife-Crisis Beziehungsunfähigkeit als Heilungsziel setzt? Selbst die coolsten Hunde werden bei entsprechender Nachfrage extrem unrund, wenn es um ihre Mütter geht. So viel affektierte Ausschweifung und libertinäres Gehabe kann man sich als anonym in der Großstadt lebendes Lumpenpack gar nicht aufhalsen, dass einem nicht die besorgten Laute der Glucke vom Dorf ins Ohr wehen.

Sei nicht so. Sei anders. Sei brav. Brav sein ist wichtig. In jedem Beruf gibt es auch einmal Sachen, die man nicht so gern erledigt. Der Dichterfürst nimmt jetzt erst einmal eine Wohlfühltablette. Er schluckt sie ohne Semmel. (Christian Schachinger/Der Standard/rondo/05/11/2010)