So manche Pflanze übersteht den strengen Winter nicht. Dabei ist das Problem oft nicht der Frost, sondern der Wassermangel. Gießen nicht vergessen!

Foto: Fauma

Glaubt man berühmter Bergsteiger Erzählungen, so muss man feststellen, dass diese über weit mehr als bloß zehn Zehen in ihrem Leben verfügen. Bei jedem Gipfelsieg müssen mindestens drei bis vier Zecherln frostbedingt daran glauben und bleiben als Dohlenfutter an den Hängen des Tschomolungma, Cho Oyu und K2 zurück. Wer meint, diese Details sollten den sonst eher langweiligen Rauf-und-runter-Geschichten ein wenig Pepp, Drama und Gefahrengewähr verleihen, dem sei ein "honi soit qui mal y pense" ins Stammbüchlein geschrieben. Jene Menschen unter uns, die tatsächlich regelmäßig dem Tod ins Auge sehen, sind in Wahrheit die Gärtner unserer Breiten. Alle paar Monate wird es kalt in diesem Land, und eine nicht enden wollende Minusgradeperiode legt ihre eisigen Finger um die frierenden Wurzelhälse. Glücklich jene Gewächse, die ihre Füße in ein nicht durchfrierendes Erdreich stecken dürfen; sie können sich ihres Überlebens recht sicher sein. Ihnen bleibt der Kältetod erspart, ein Tod, der erst schmerzhaft, dann aber ein fröhlich-eingelulltes Hinübergleiten sein soll. Fast schade.

Frieren des Erdreichs verhindern

Aber ist es tatsächlich der Frost, der im Speziellen die Topfpflanzen in ihren Freigehegen hinwegrafft? Ich wage ein keckes Mitnichten. Wenn man es schafft, ein Frieren des Erdreichs zu verhindern, so hat man gute Chancen, seine Pflanzen über den Winter zu bringen. So helfen dicke Styroporplatten zwischen Boden und Topf, um der Kälte von unten Einhalt zu gebieten. Auch hilft es, Töpfe und Tröge nahe an die Hauswand zu schieben, dort ist es mitunter um den entscheidenden Grad wärmer und geschützter. Auch der großzügige Einsatz von Noppenfolie, dick um Topf und Pflanze gewickelt, schützt diese vor widerlicher Witterung. Dieserart geschützt sollten die meisten nicht ganz winterharten Pflanzen durchkommen. Aber jetzt kommt es.

Die wenigsten Pflanzen erfrieren im Winter, sondern verdursten! Was man weithin als "erfroren" enttäuscht am Komposthaufen entsorgt, ist in der Regel verdurstet und elendiglich vertrocknet. Es reichen schon ein paar Stunden Plusgrade samt Sonnenschein, und die Zöglinge fangen wieder zu transpirieren an - so sie ausreichend mit Wasser versorgt sind. Und das fehlt den Topfmeistern in der Regel, wenn sich der Pfleger auf Untersetzer und Einwickeln verlassen hat. Der Kältetod ist in Wahrheit ein Verdursten, ein ganz klarer Fehler des Verantwortlichen. Aber hier möchte ich einhaken: Geben Sie den vermeintlichen Leichen noch eine Chance. Schneiden Sie alle vertrockneten Triebe ab und untersuchen Sie die Pflanze auf Augen, aus denen sie noch einmal austreiben könnte. Stellen Sie den "Zombie", den Untoten, in ein Eck im Blickschatten, gießen Sie ihn in kleinen Dosen und freuen Sie sich, wenn eines Tages die ersten grünen Triebe aus scheinbar totem Holz austreiben. Gerade zu diesen Pflanzen, das verspreche ich Ihnen, werden Sie einen ganz besonderen Bezug entwickeln. Und übrigens, vielleicht sind ja den berühmten Bergsteigern ihre Zecherln ja auch wieder im lauwarmen Fußbad nachgewachsen. Denen ist schließlich alles zuzutrauen. (Gregor Fauma/Der Standard/rondo/17/12/2010)