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Foto: Hersteller

Seit seinem Erscheinen im Dezember 1986 wurde der Gambero Rosso als unabhängige und einflussreiche Bibel des italienischen Weins gefeiert. Genau dieser Ruf wurde im Zuge seiner Entwicklungen von einer Beilage zur linken Tageszeitung Il Manifesto zum eigenständigen Verlagshaus beschädigt, seine Integrität in puncto unabhängige Bewertungen immer öfter angezweifelt. Im Frühjahr 2009 kündigte der Slow Food Verlag die langjährige Kooperation auf. Zu guter Letzt verließ Daniele Cernilli, Gründungsmitglied und immer mehr umstrittener Herausgeber, den Gambero im Jänner 2011.

Der Slow Food Verlag brachte nun einen eigenen Weinguide auf den Markt, Slow Wine 2011. Und der ist interessant. Mehr als 150 Mitarbeiter verkosten die Weine von ca. 1800 aufgelisteten Betrieben mehrfach, einmal vor Ort am Weingut, in mehreren Blindverkostungsrunden und bei jeder anderen sich bietenden Gelegenheit wie Weinmessen oder Präsentationen. Dadurch soll ausgeschaltet werden, dass sich die Tester von besonders netten oder eloquenten Winzern beeinflussen lassen oder dass ein Wein wegen eines einmaligen Flaschenfehlers schlecht abschneidet. Finanziert wird Slow Wine über den Verkauf und über Inserate aus dem Non-Wein-Bereich. Von Winzern werden keine Druckkosten oder sonstige Beiträge eingehoben.

Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Werken seines Genres ist, dass Slow Wine nicht bewertet, sondern beschreibt: jedes Weingut in seiner Arbeitsweise, dazu Weingärten, Lagen und empfehlenswerte Weine, was um einiges aufschlussreicher ist als bloße Zahlen. Zu jeder Region werden drei Weintypen empfohlen: Alltagsweine bis 10 Euro, große Weine und "vini slow" mit jenen Betrieben, die unter dem Aspekt der Slow-Food-Philosophie (regional, nachhaltig und handwerklich) die beste Qualität bieten. Zu den einzelnen Regionen gibt es Einleitungen, dazwischen werden immer wieder kurze und knackige Textblöcke zu unterschiedlichsten Fragen und aktuellen Themen eingeschoben.

Die negative Seite: Der Weinguide ist derzeit gedruckt nur in Italienisch erhältlich. Eine englische Version für iPhone und iPad kommt jetzt im März auf den Markt, später auch als E-Book. Über eine deutsche Version wird verhandelt - allerdings erst für die nächste Ausgabe. Trotz der sprachlichen Einschränkung gilt das Prädikat schwer empfehlenswert. (Luzia Schrampf/Der Standard/rondo/11/03/2011)