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Wenn ich Glück habe, hackt mich dann noch vor dem Nordic-Walking-Alter ein Herzinfarkt im Wald um und wilde Tiere fressen mich auf.

Foto: APA/Patrick Pleul

"Vaporisierende Zigaretten, zuckerloses Cola, fettarmes Joghurt, laktosefreie Schokolade, antialkoholisches Bier. Dazu diese selbstgerecht verhärmten, säuerlichen Fressen wie sie nur Leute zustande bringen, die gern auf das Leben verzichten. Das Leben ist schließlich nicht dazu da, um Spaß zu haben. Das Leben sagt: Baue mir einen Carport, lerne einen gescheiten Beruf, nimm dir eine fade Urschel zur Frau, kaufe einen von Robotern auf einer Insel vor Südkorea gebauten Mittelklassewagen, mit dem du nie, niemals Freude haben wirst. Mache ein Belastungs-EKG, male das Kinderzimmer neu aus, habe Angst vor dem Tod.

Wer auf das Leben verzichtet, wird bekanntlich im Durchschnitt zwei bis drei Jahre älter als die, die es gern lustig haben. Zwei, drei Jahre länger im großen Saal des Pflegeheims am Stadtrand gemeinsam mit den anderen 90-jährigen Burschen in Windeln herumzuliegen, die auf Besuch kommende Verwandtschaft nicht zu erkennen, sich mit handwarmen Sachen füttern zu lassen, die man nicht kauen muss - und vor dem Schlafengehen am Abend noch die Mini-ZIB schauen zu dürfen: He, das ist doch eine spitzenmäßige Zukunftsperspektive! Ich glaube, gleich morgen Früh lege ich mir Laufschuhe und ein Pulsarmband zu. Wenn ich Glück habe, hackt mich dann noch vor dem Nordic-Walking-Alter ein Herzinfarkt im Wald um und wilde Tiere fressen mich auf, damit ich als Leiche beim Begräbnis auf Wunsch der Familie nicht "Time to say good-bye" von Andrea Bocelli und Sarah Brightman hören muss. Ich hasse dieses Lied." Wer ihn vermisst hat: Bubi ist wieder da. (Christian Schachinger, Rondo, DER STANDARD, 29.07.2011)