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Das Spätsommer-Herbstfeld aus Sonnenhut blühte bereits im Juli. Zu früh!

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Ach damals. Damals, als das Damals noch ein Derzeit war. Das waren halt noch Zeiten. Grün war Grün und Rot war Rot. Aber das ist vorbei. Heute ist Mauve, was gestern noch Petrol war. Das Brombeer von gestern ist das Preiselbeer von morgen. Nichts hat Bestand. Nicht einmal der Juli ist das, was er einmal war.

Er war einmal der Hochsommer, der Gedanken an ein Ende eben dessen gar nicht erst zuließ, so gleißend heiß und tropisch zugewuchert kam er daher. Juli, das bedeutete goldgelbes Licht, bräunliche Trockenrasen und Gelsen galore. Aber der Trend zum Prämaturen hält an. Rüstige Vierzigjährige kommen glatzert daher, Achtzehnjährige botoxen sich, als ob sie fünfzig wären, und die Gärtnereien bewerben bereits muss nicht sein - ist es aber. Jeden Tag betrete ich mit einem schweren Seufzer den morgentaunassen Garten und verfluche jeden Sonnenhut, der bereits aufgeblüht ist. Ich hatte mir nämlich im Frühjahr ein Sonnenhutbeet in den Kopf gesetzt, auf dass es mir den Herbst erträglicher gestalte.

Traum in Gelbtönen

In achtundsiebzig Gärtnereien erstand ich über zweihundertfünfundneunzig Rudbeckia- und Echinaceensorten, um das fußballfeldgroße Beet anständig wirken zu lassen. Mir träumte von einem Traum in Gelbtönen, durchsetzt von gelegentlichen Purpurakzenten, unterstützend kontrastiert durch das Weiß einiger Kohabitanten, seien es nun Mutterkraut, Margerite oder Steppenkerze. Schmecks. Das Spätsommer-Herbstfeld blüht bereits im Juli und kündet mir tagtäglich von der Endlichkeit der Saison; als ob ich nicht eh wüsste, dass die Tage schon seit einem Monat wieder kürzer werden.

Es ist zum Heulen! Trostspendend hüllt und lullt mich La Gattin mit den Worten ein, dass ich nicht so viel Wert auf die dämlichen Sonnenhüte legen sollte, diese unsteten Prognostiker immer früher eintretender Jahreszeiten. Ich möge mich mehr an die Funkien halten, die blühten wirklich erst dann duftend auf, wenn der Sommer vorbei sei, sage man, sagt sie. Danke, den Schock habe ich gebraucht. Handerlhaltend stehen wir vor dem hochsommerlichen Funkienmeer, ziehen den picksüßen Duft der voll in Blüte stehenden Blattschönheiten ein und fragen uns, wohin wir die Winterwäsche denn verräumt hätten. 

Einziger Feind: der Hagel

Es warad dann so weit. Ja, hat denn den aus Japan, Korea und China stammenden Blattschmuckstauden niemand Pünktlichkeit beigebracht? Zu frühes Erscheinen wird niemals goutiert, schon gar nicht von Spätsommer- bzw. Herbstblühern. Wiewohl sonst den Funkien, den nach dem österreichischen Botaniker Nicolaus Thomas Host auch Hostas genannten, aller Dank gebührt. Sie gehören nämlich zur wichtigen Pflanzengattung der Dankbaren. Nicht scheren müssen, viel präsentiert bekommen - das zeichnet sie aus. Funkien oder Hostas bestechen durch ihre unterschiedlichen Grüntöne und garantieren selbst an lichtärmsten Standorten für ansehnliche Beete. Sie sind absolut winterfest und kommen jedes Jahr größer und farblich noch satter wieder.

Ihr einziger Feind ist der Hagel. Kaum etwas verströmt so viel Traurigkeit wie ein von Hagel zerfetztes Funkienbeet. Die einzige Abhilfe ist, im Falle der Anwesenheit, große Bade- und Leintücher über die Pflanzen zu werfen. Die fangen den vernichtenden Einschlag der gefrorenen Körner ab und reduzieren die Schäden auf ein paar geknickte Minima. Ach ja, und bevor ich es vergesse: Man sagt, dass der Sommer vorbei sei, wenn die Funkien blühen ... (Gregor Fauma/Der Standard/rondo/29/07/2011)