Als "himmlischer Engel gegen den Antichristen" wurde das Duell zwischen den Tennisspielern Björn Borg (links) und John McEnroe (rechts) beschrieben.

Foto: Björn Borg Sweden AB

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Wimbledon, Juli 1980. Die Frisur sitzt.

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McEnroe im Juli 1981 in Wimbledon.

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Honda Tennis Challenge, Dezember 2000.

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Staples Champions Cup in Boston, Mai 2010.

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Der eine trägt perfekt gescheitelte blonde Haare, Maßanzug, edles Schuhwerk. Der andere glänzt mit Kurzhaarschnitt und weißem Hemd, bis oben hin zugeknöpft. Fesch wirken die beiden Mittfünfziger, wenn sie so nebeneinander stehen, und irgendwie langweilig. Ihr Umgang miteinander ist freundlich wie ehrfürchtig, respektvoll wie vertraut. Man sitzt den ehemaligen Tennisstars Björn Borg (55) und John McEnroe (52) gegenüber und glaubt es nicht: Die beiden Ikonen sollen einmal eine der bemerkenswerten Rivalitäten in der Sportgeschichte ausgefochten haben?

Glücklicherweise sieht das Auge nur, was es auch sehen will. Da wachsen dem lässigen Schweden Borg, als er "von früher" spricht, auf einmal die Haare wieder schulterlang. Gezügelt werden sie nur von einem schneeweißen Stirnband, das den Zeitgeist und Schweiß der 70er und 80er aufgesogen hat. Der Dreitagebart ist drei Wochen nicht mehr gemäht worden.

Souveräner Vulkan

Borg, der Coole und Souveräne, steht, als er so spricht, quasi wieder auf einem Tennisplatz, gelassen wie immer drischt er auf die Bälle ein. Der US-Amerikaner McEnroe steht auf der Gegenseite, zupft sich seine viel zu kurzen weißen Sportlershorts zurecht. Wild und zügellos wie seine lockige Haarpracht wirbelt er wie ein Derwisch über den Tennisplatz, jederzeit bereit, wie ein Vulkan auszubrechen und die Linienrichter oder Balljungen maßzuregeln. Hölzern an seinem Auftreten ist nur das Tennis-Racket in seiner Hand.

Ein Duell, einfach heruntergebrochen auf irgendwie Gut gegen irgendwie Böse. Das funktioniert, fesselt, hat Millionen von Menschen vor die Fernseher gelockt und Tennis in den Mainstream geführt. "Wir waren ein bisschen wie Yin und Yang", erzählt Borg im STANDARD-Gespräch. Die nur sportliche Rivalität der unterschiedlichen Weltklasseathleten hat Tennisspieler Pat Cash einmal als Duell "himmlischer Engel gegen den Antichristen" umschrieben. "Wobei ich der Engel wohl nur wegen meiner blonden Haare gewesen bin", sagt Borg.

Thrilla in Manila

Fünfmal en suite hat Borg das Rasentennisturnier in Wimbledon gewonnen. Bei seinem letzten Triumph 1980 hieß der Finalgegner zum ersten Mal John McEnroe. Das Match ging in die Sportgeschichte ein wie der Boxkampf "Thrilla in Manila" zwischen Muhammad Ali und Joe Frazier. McEnroe wehrte im Tiebreak des vierten Satzes sieben Matchbälle teilweise heroisch ab - und gewann noch den Satz. Den fünften und also das Match sicherte sich aber Borg. "Viele Menschen, die sich an das Finale erinnern, erinnern sich aber nur mehr an diesen vierten Satz", erzählt der Schwede. "Und viele glauben, dass ich auch das Match verloren habe." Ein Jahr später konnte sich ein fulminanter McEnroe im Wimbledon-Finale revanchieren.

Der Rock 'n' Roll, der die beiden Herren umgibt, ist 30 Jahre später noch spürbar, auch wenn sie an diesem sonnigen Tag in London nur dasitzen und plaudern. Den Rock hat Hobbygitarrist McEnroe einst mit seiner rebellischen Art und Unangepasstheit ins elitäre Tennis gebracht. Borg lieferte den Style und die dazugehörige bunte Mode.

Konkurrenz

14 Duelle zwischen Borg und McEnroe hat es insgesamt auf der Tennistour gegeben. Jeder gewann sieben davon. Und weil die Fans von ihrer Rivalität nicht genug bekommen konnten, haben sie auch Schaukämpfe und Benefizpartien gespielt. Mehr als 50, schätzt McEnroe. Bis heute verdienen sie damit gutes Geld - und das Publikum ist glücklich. Konkurrenten waren Borg und McEnroe, der heute zahlreiche Tennisturniere für TV und Radio kommentiert, aber nur auf dem Platz. Geblieben sind sie Freunde.

Mit seinen Geschäftsgebaren abseits von Tennis bewies Borg ein weniger glückliches Händchen. Er, der in seiner Karriere 130 Millionen Dollar Vermögen angehäuft haben soll, startete eine Unterwäschenmarke und wandelte damit auf den Spuren der Tennisspieler René Lacoste oder Fred Perry, die als Modeschöpfer vorangingen. 1996 ging "Björn Borg" spektakulär krachen. Zehn Jahre später veräußerte er seine fünf Wimbledon-Pokale, um Geld zu machen. Erst John McEnroe konnte ihn dazu bewegen, sie wieder zurückzukaufen.

Markenware

Seit 2006 hält Borg auch keine Anteile mehr am Unternehmen, steht aber als Berater und Testimonial weiter zur Verfügung. Die Marke floriert, neben Unterwäsche sind auch Schuhe, Schwimmbekleidung, Taschen, Brillen und Parfums im Björn-Borg-Design in 15 Ländern, darunter Österreich, erhältlich. Für die aktuelle Kampagne konnte das Unternehmen auch John McEnroe gewinnen, der wie Björn Borg selbst zwei knallig bunte Shorts kreierte - quasi das erste Verkaufsduell der beiden. "Björn hat mir versprochen, dass ich eine faire Chance bekomme und meine Shorts nicht ganz hinten in den Läden aufgehängt werden", sagt McEnroe.

Eine eigene Fashion-Marke gedenkt "Big Mac" aber nicht zu starten. "Mich hat einmal mein Sponsor Nike gefragt, was ich denn von der Idee dieses neuen Slogans halte: 'Just do it.' Ich habe geantwortet: 'Das hört sich scheiße an.'" (David Krutzler/Der Standard/rondo/19/08/2011)