Der Dichterfürst hat als Gepäck nur zwei Meter Strick im Auge hat.

Foto: Robert Newald

Neulich war wieder einmal vom Altwerden und der körperlichen Hinfälligkeit die Rede. So kam man dann auch nicht zum ersten Mal an jenen heiklen Punkt, an dem seitens der anwesenden Frauen gern erwähnt wird, dass sie länger als die Männer leben. Das kommt daher, so die in solchen Fällen gerne als Wortführerin auftretende Frau des Dichterfürsten, dass eine Frau wahrscheinlich nicht so deppert lebt wie ein Mann und gleichzeitig mehr aushält.

Der Dichterfürst beginnt spätestens ab diesem Zeitpunkt den Weg des Samurai zu beschreiten. Er atmet tief durch und versucht Ruhe zu bewahren. Schließlich folgt auf solche Erkenntnisse der Frau meist ein praktisches Beispiel aus ihrem täglichen Umfeld. Das heißt, der Dichterfürst wird gern anhand diverser harmloser Zahnschmerzen, blödheitsbedingter Unfälle oder mikroskopischer Schnittwunden als wehleidiges Lulu vorgeführt, das sich ähnlich dramatisch im Todeskampf windet wie ein Italo-Fußballspieler, wenn er ein Foul vortäuscht. Die anderen Frauen am Tisch lachen dann hell und laut, die Männer geben sich bedeckt. Wer will schon schlafende Hunde wecken.

Gern meint der Dichterfürst dann in das abklingende Gelächter hinein, dass er im Falle altersbedingter Gebrechlichkeit lieber auf den Dachboden gehen werde, um nicht jemandem zur Last zu fallen, der ihn ohnehin nicht ernst nehme. Das versteht die Frau aber auch immer falsch, weil ihr eigener Großvater einst mit seinem ganzen Hausrat unter das Dach zog, der Dichterfürst aber als Gepäck nur zwei Meter Strick im Auge hat. (Christian Schachinger, Rondo, DER STANDARD, 26.08.2011)