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Rittersporn und Rosen, für Muttern nicht gut genug: Der Garten des Sprösslings wird grundsätzlich streng kritisiert.

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Möchte man hören, wie schön doch der eigene Garten gelungen sei, wie beeindruckend die Vegetation die G'stetten verdrängt habe und wie gelungen die Kombination von Stelzenblattkräutern nebst nestbrütenden Zwergbäumchen sei, so lädt man sich Freunde ein. Als ahnungslose Bewunderer schmeicheln sie dem Ego des Gärtners und sorgen so für dessen Wohlbefinden. Mit einem Blick fürs Wesentliche, nämlich das Ganze, nehmen sie den Garten als Gesamtkunstwerk wahr, lassen sich detailliert die zugrundeliegende Hack'n schildern und schütteln ungläubig den Kopf, wenn sich der Gärtner über den zeitlichen Aufwand verliert, der hinter dieser Leistung steckt.

Der Gärtner kennt natürlich die besonders schönen Details, fordert zum Schnuppern an der Augusta-Luise-Rose auf, präsentiert beiläufig den violett-weiß gefüllten Rittersporn und erwähnt, wie schön sich doch die gelb-orange blühende Trollblume davor mache. Man gibt sich gedankenverloren, zupft ein paar verblühte Margeritenköpfchen ab und verweist kritisch auf den kümmernden Hibiscus sinensis - der Boden sei schuld, man kann sich ja nicht um alles kümmern. Nicht im ersten Jahr. Mit Körbchen und Schere bewaffnet demonstriert man dann eine intensive Kräuterernte, viererlei Basilikum, Pfefferminze, Estragon, ein wenig Rucola und Koriander satt. Die Blüten werden die Teller mit den Kräuterspaghetti schmücken, welche die Gäste mit anerkennenden Blicken in sich hineinsaugen. Schöner Garten schmeckt auch gut.

Calling Mama

Es geht aber auch ganz anders. Möchtest du auf jeden Stängel Unkraut hingewiesen werden? Calling Mama. Möchtest du das eisige Schweigen beim Präsentieren der Beete hören? Lad doch mal Mutti ein! Willst du wissen, wie ein leidgeprüftes, wiederholtes Seufzen klingt? Muttern kann das.

Schad drum, wäre es, schad, dass der Garten so verkomme. Es wäre nicht notwendig, wirklich schad drum. Überall die Unkräuter, ungepflegt, und der Rasen, der gehöre auch gemäht. Ja genau, hier ist nicht ein oberflächlicher, ahnungsloser Freund unterwegs, der sich einfach mit einem mitfreuen möchte. Nein, hier kommt Muttern - und Muttern hat hohe Erwartungshaltungen und sieht natürlich den Bub da locker darunter durchtaumeln.

Es ist ja wirklich schad drum. Das Problem ist, dass Muttern auch gärtnert. Seit Jahrzehnten setzt sie Maßstäbe in Sachen greller Kunterbuntheit, erweitert jährlich die Beete - auch mit Kitsch, und sie bringt von ihren Gartenreisen spannende Kombinationen und begehrte Ableger mit. Freundliche Passanten bleiben auch gerne einmal stehen und bewundern ihren gut eingefahrenen Garten.

Verständnis und Lob

Tja, wer bereites Heufuhren voller Mehrjähriger im Boden stecken hat, wer Büsche groß wie Bäume sein gepflegtes Eigen nennt, und wer in der Pense Zeit wie Nacktschnecken besitzt, der bringt natürlich kein Verständnis für die ungepflegten Winkel und Ecken im Garten eines berufstätigen Städters auf. Es fehlt aber auch an Verständnis, und da helfen keine zweihundert Laufmeter Gartenbücherwand, wenn es darum geht, im Jahr eins des Gartens auch durch Begleitvegetation, die übrigens durch Blattfarbe, Blattform und Wuchs sehr schick sein kann, den Boden zu lockern, für Würmer schmackhaft und Regenwasser permeabel zu machen.

Und Lob? Da müsste der Garten zumindest so aussehen wir ihrer. Aber man sollte Lob auch nicht überbewerten, selbst wenn es einfach nur guttut. (Gregor Fauma/Der Standard/rondo/02/09/2011)