Was will die Generation Y und was bedeutet das für die Welt der Unternehmen? Jugendforscher Philipp Ikrath, Führungskräfte-Personalberater Günther Tengel, Wirtschaftspädagogikprofessorin Bettina Fuhrmann und Adib Reyhani, der momentan als Fellow bei „Teach for Austria“ arbeitet, im Gespräch mit Moderator Wilfried Stadler (v. li.).

Foto: Regine Hendrich

Der Abend im Festsaal der neuen Wirtschafts-Uni (WU) war schon fast zu Ende, als eine Studentin aus dem Publikum mit ihrer Wortmeldung nochmals für Aufhorchen sorgte: „Ich möchte später Unternehmerin werden und habe meine Ziele - aber derzeit möchte ich bei keinem Arbeitgeber da draußen arbeiten. Ich habe einige Erfahrungen gesammelt - es erwartet mich nichts Gutes.“ Nicht Geld stehe für die Studentin im Vordergrund, sondern Respekt und Akzeptanz - und diese Eigenschaften vermisse sie bei den Unternehmen.

Das Schluss-Statement führt damit wieder an den Beginn der Diskussion im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Open Minds“. Moderator Wilfried Stadler, Honorarprofessor für Wirtschaftspolitik an der WU, wollte zum Einstieg wissen, ob es diese Generation Y der heute 18- bis 30-Jährigen, die nur an ihrem Eigenwohl orientiert seien und nicht mehr Karriere machen wollten, denn überhaupt gebe.

Jugendkulturforscher Philipp Ikrath verneint sogleich: „Es ist natürlich nicht so, dass die Jugend ein homogener, monolithischer Block ist.“ Man könne sich aber in jeder Generation Werte herausnehmen, die besonders dominant seien. Für Ikrath ist dies bei der Generation Y der Individualismus. Ein Individualismus allerdings, der sich in den Dienst des Egoismus begibt. „Es geht nur noch um die eigenen Wünsche - Fragen des Gemeinwohls sind beim Erreichen der pragmatischen Ziele störend“, sagt Ikrath. Die Generation Y stecke sich diese Ziele dabei aber nicht besonders hoch: „Die Bereitschaft, sich zu Tode zu arbeiten, ist in der heutigen Generation gesunken. Es regiert eine Art Neo-Biedermeier.“ Im Vordergrund stünden wieder menschliche Beziehungen - die Familie, das Haus im Grünen. Günther Tengel, geschäftsführender Gesellschafter von Amrop Jenewein und seit vielen Jahren in der Executive-Search tätig, stimmt Ikrath zu, sieht die Individualisierung aber nicht ausschließlich bei 20- bis 30-Jährigen. Tengel spricht außerdem die veränderten Rahmenbedingungen an: „Diese Generation ist die erste, die es sich überhaupt leisten kann, solche Fragen zu stellen.“

Eine Generation also, die bescheidener leben möchte und für die Statussymbole wie viel Geld oder schnelle Autos nicht mehr zählen? Tengel verneint: „Es zählen eben andere Statussymbole. Vielleicht bessere, die Wertung sei dahingestellt. Aber auch ein Jahr in der Dritten Welt zu verbringen kann egozentrische Gründe haben - das Statussymbol ist die Selbstverwirklichung.“

Soziale Kompetenz als Kurs

Der Ball lag damit beim Vertreter der Generation Y auf dem Podium. Der Lebensweg von Adib Reyhani passt dabei zu den bereits diskutierten Ansprüchen. Nach seinem Volkswirtschaftsstudium, arbeitete er als Unternehmensberater, entschied sich aber bald darauf, auszusteigen. Von einer Bekannten hörte er vom Projekt „Teach for Austria“, mittlerweile unterrichtet er seit knapp zwei Jahren an einer Neuen Mittelschule in Wien-Favoriten. „Ich würde dem widersprechen, dass man nur altruistisch handelt, um das Ego zu stärken“, sagt Reyhani. Das Problem liege für ihn in der Gesellschaft, „in der auf allen Ebenen Individualismus gefordert wird“.

Bettina Fuhrmann, Professorin für Wirtschaftspädagogik, begegnet dem modernen Individualismus der Generation Y bei Studierenden. Seit 2011 leitet sie den Bereich „Soziale Kompetenz und Persönlichkeitsentwicklung“ an der WU und möchte den jungen Menschen vor allem die Fähigkeit mitgeben, Dinge kritisch zu hinterfragen. „Studierende müssen in der Lage sein, mit Menschen zu sprechen, Konflikte zu lösen. Eine rein fachwissenschaftliche Ausbildung reicht nicht“, sagt Fuhrmann.

Die Erwartungshaltung an Studierende vonseiten des Arbeitsmarktes sei hoch - das bejahen alle Diskutanten. Wie aber damit umgehen, will Stadler wissen. Für Tengel sind die hohen Anforderungen ein Abbild des Managements. Auch hier seien die Erwartungen unerfüllbar hoch - und doch werde noch zu wenig daran geändert. Allein aus demografischen Gründen würden den Unternehmen in Zukunft 400.000 bis 500.000 Menschen zwischen 30 und 40 fehlen, sagt Tengel, „und wenn man berücksichtigt, dass aus diesem geringen Pool nur noch 20 Prozent die Bereitschaft haben, Karriere zu machen, wie wir es heute definieren, stehen die Unternehmen vor enormen Problemen.“ Im Zugzwang sieht Tengel nicht nur die Bildungspolitik, sondern auch die Unternehmen: „Es werden immer wieder die gleichen Profile gefordert. Das sorgt für eine Vergeudung der Talente.“ Außerdem müsse der Konkurrenzdruck einem Klima der Kooperation weichen, sagt Tengel und sorgt damit für spontanen Applaus aus dem studentischen Publikum.