Madrid - Spaniens Regierung beging den Regionalfeiertag der Kanarischen Inseln am Freitag auf eine ganz spezielle Art. Am Vorabend des Festes genehmigte das Umweltministerium in Madrid die Suche nach Erdöl in den Gewässern vor den beiden Inseln Fuerteventura und Lanzarote.

Das spanische Unternehmen Repsol will dort drei Probebohrungen vornehmen. Umweltorganisationen und Inselregierungen fühlen sich übergangen. Sie fürchten um die Meeresflora und -fauna sowie um den Tourismus, Haupteinnahmequelle der Inselgruppe im Atlantik.

Die Erdölsuche sei "von gesellschaftlichem Interesse", heißt es aus Madrid. Repsol müsse entsprechende Umweltauflagen erfüllen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Probebohrungen eine Umweltkatastrophe auslösen, liege bei 0,00045 bis 0,000028 Prozent, rechnet das Ministerium vor. "Ein Nullrisiko gibt es nie, aber wir sprechen hier von sehr geringen Wahrscheinlichkeiten", erklärte ein Ministeriumssprecher dazu.

Einspruch des Höchstgerichts

Repsol hatte bereits im Jahr 2001 Probebohrungen beantragt. Damals war eine entsprechende Genehmigung der Zentralregierung in Madrid vom Obersten Gerichtshof für ungültig erklärt worden. Seit zwei Jahren läuft ein erneutes Genehmigungsverfahren. Regierung und Erdölunternehmen hoffen, dass dank besserer Umweltauflagen die Richter dieses Mal ihr Okay geben werden. Ein Entscheid über eine Klage der Inselregierungen ist für Mitte Juni zu erwarten.

Repsol will von einem Schiff aus an drei Stellen rund 60 Kilometer vor der Küste in bis zu 5000 Meter Tiefe Gesteinsproben entnehmen, um diese auf Erdöl zu untersuchen. An einer Stelle findet dies nur zehn Kilometer von einem Gebiet entfernt statt, das, sobald die Regierung dem zustimmt, in das europäische Umweltschutzprogramm Natura 2000 aufgenommen werden soll.

"Angriff auf Demokratie"

Die Inselpolitiker werfen Madrid vor, "übereilt" zu handeln. "Sie präsentieren das pünktlich nach der Europawahl und zehn Tage bevor das Oberste Gericht zusammenkommt. Das ist ein Angriff auf die Demokratie; die Inselregierungen, das Parlament und die Universitäten werden nicht gehört. Uns wurde nicht mitgeteilt, was sie vorhaben", beschwert sich der Regierungschef der Insel Fuerteventura, Mario Cabrera. (Reiner Wandler aus Madrid, DER STANDARD, 31.5.2014)