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Die Pensionsansprüche fließen nicht in die Berechnung der Vermögen ein.

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Wien - Armes Österreich, reiches Spanien. Vermögensstudien führen manchmal zu überraschenden Ergebnissen. Die vor einem Jahr präsentierte umfassende Untersuchung der Europäischen Zentralbank wies für die hoch entwickelten Länder Finnland, Niederlande, Deutschland und Österreich deutlich geringere Werte aus als für Staaten mit erheblich niedrigeren Pro-Kopf-Einkommen wie Italien, Zypern und eben Spanien, die noch dazu von der Staatsschuldenkrise schwer getroffen wurden.

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Sowohl beim Durchschnittsvermögen als auch beim Median (jener Wert, bei dem 50 Prozent der Haushalte darunter und 50 Prozent darüber liegen) sticht der als ärmer geltende Süden den reicheren Norden aus. Und: Die Ungleichheit ist ausgerechnet in ausgeprägten Wohlfahrtsstaaten wie Österreich, Deutschland und Finnland größer als in Griechenland oder Spanien.

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Kritik an EZB-Studie

Die EZB-Studie hat die Verteilungsdiskussion ordentlich angeheizt, zahlreiche Kritiker meldeten sich zu Wort. Die Hauptstoßrichtung: Der niedrige Anteil von Immobilienbesitz in Österreich und Deutschland - in der Eurozone wohnt nur in diesen beiden Staaten weniger als die Hälfte in den eigenen vier Wänden - verzerre die Statistik.

Immobilienbesitzer kommen im Euroraum auf mehr als das 20-fache Vermögen der Mieter.
Quelle: Oesterreichische Nationalbank

Tatsächlich zeigt dieser Aspekt, wie schwierig die Interpretation der Daten - sie basieren in der EZB-Studie auf Umfragen - ist. Immobilien stellen mit 51 Prozent des Bruttovermögens (ohne Abzug der Schulden) mit Abstand die größte Einzelkategorie dar. In Spanien sind 82,7 Prozent der Haushalte in eigenen Häusern und Wohnungen untergebracht, in Österreich macht dieser Anteil nur 47,7 Prozent aus.

Problem bekannt

Die Schwäche des Vergleichs ist offenbar auch den Studienautoren bewusst: "In Zukunft", halten die für die Österreich-Auswertung verantwortlichen Notenbank-Experten in einem Paper fest, sollten die "institutionellen Rahmenbedingungen" für Immobilienbesitz berücksichtigt werden. Denn schwach ausgeprägtes Eigentum an Häusern und Wohnungen sei hierzulande auf das umfangreiche Angebot an subventionierten Mietwohnungen zurückzuführen.

Bewohner eines Gemeindebaus mit "hinreichender staatlicher Absicherung für Alter und Krankheit müssen vergleichsweise weniger für Notfälle ansparen", schreiben die Nationalbank-Autoren in ihrem Bericht.

Pensionen fehlen

Wobei verschiedene Experten insbesondere auf die Verzerrungen durch das Pensionssystem hinweisen. Das Institut für Höhere Studien ortet mangelnde Vergleichbarkeit, weil privates Ansparen für den Ruhestand in Vermögensberechnungen einfließt, Ansprüche gegenüber dem staatlichen System aber nicht.

Der österreichische Durchschnittsverdiener kommt auf ein Nettopensionsvermögen von 320.000 Euro, das damit das Mittel des allgemeinen Vermögens von 265.000 Euro übersteigt. Zudem würde sich die Ungleichheit bei Berücksichtigung der Ansprüche deutlich reduzieren, weil das Pensionssystem umverteilt. Dem widersprechen die Studienautoren nicht. Niedriges Vermögen am unteren Verteilungsende könne auch "Ausdruck besonders guter staatlicher Absicherung sein". (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 5.6.2014)