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Ihre überflüssigen Euros legen die Österreicher immer noch gerne in einem Sparbuch an. Auch wenn unter dem Strich dabei ein Verlust herauskommt.

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Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erneut einen historischen Schritt gewagt: Auf ihrer Ratssitzung schaffen die Währungshüter am Donnerstag die Zinsen im Euroraum quasi ab. Der Leitzins wird vom aktuellen Rekordtief von 0,25 Prozent um weitere zehn Basispunkte auf ein Rekordtief von 0,15 Prozent gedrückt. Der Zins für kurzfristige Ausleihungen bei der Notenbank vermindert sich von 0,75 auf 0,40 Prozent. Mit den niedrigen Zinsen will die EZB der Wirtschaft in den wackeligen Eurosüdländern auf die Beine und den hochverschuldeten Staaten beim Abbau der Schuldenberge helfen.

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Billiges Geld

Mit neuen Milliardenspritzen will die EZB außerdem die Kreditvergabe vor allem in den südlichen Euroländern ankurbeln. Die Notenbank verleiht abermals billiges Geld (siehe Wissen). Die Vergabe der Notkredite wird allerdings an die Bedingung geknüpft, dass die Geschäftsbanken die Mittel zumindest teilweise an Unternehmen und Privatkunden weiterreichen. Das Programm soll zunächst einen Umfang von 400 Milliarden Euro haben.

In der Krise hat die EZB bereits Billionen in das marode Finanzsystem gepumpt, um den stockenden Kreditfluss in Teilen der Währungsunion zu beleben. Doch die Banken nutzten das billige Geld stattdessen, um damit höher verzinste Staatsanleihen aufzukaufen. Schon im Jänner hatte EZB-Chef Mario Draghi daher erklärt: "Wenn wir wieder etwas Ähnliches machen, wollen wir sicherstellen, dass das Geld in die Wirtschaft fließt."

Erstmals Strafzins für Banken

Außerdem müssen Banken künftig einen Strafzins bezahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Dafür wird der Einlagezins erstmals unter die Nulllinie auf minus 0,10 Prozent reduziert. Die Institute müssen also draufzahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der EZB horten.

Zuletzt haben die Banken noch 32,7 Milliarden Euro gebunkert, im Krisenjahr 2012 waren es zeitweise mehr als 800 Milliarden.

Warum aber wird immer noch Geld bei der EZB geparkt, wenn es dort null Prozent oder bald negative Zinsen gibt? Das Problem für viele Banken ist, dass sie ihre Liquiditätspolster irgendwo veranlagen müssen. Alternativ könnten sie bei der EZB Bargeld einfordern (das bekanntermaßen auch keinen Zins abwirft). Doch auch diese Möglichkeit hat ihre Nachteile. Denn die Banken sitzen dann auf höheren Bargeldbeständen und müssen dafür die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen – damit sind ebenfalls Kosten verbunden.

Unternehmen und private Hausbauer dürften tendenziell von den neuen geldpolitischen Schritten der EZB profitieren. Für die an schlechte Nachrichten mittlerweile gewöhnten Sparer sind es vermutlich weitere schlechte Nachrichten.

Sparen als Verlustgeschäft

Im Endeffekt ist die Zinssenkung unter das aktuelle Rekordtief allerdings ohnehin nur noch das Tüpfelchen auf dem i. Denn die Sparer ärgern sich schon länger über die mickrigen Zinsen. Unter Berücksichtigung der Inflationsrate und der Kapitalertragsteuer ist Sparen schon länger ein Verlustgeschäft. Geschätzte 3,5 Milliarden Euro verlieren Österreichs Sparbuchbesitzer im Jahr. Der Frust könnte noch ein bisschen zunehmen, weil die Banken niedrige Zinsen in der Regel relativ schnell an Kunden weiterreichen.

Wer den Bankenrechner der Arbeiterkammer zu Hilfe nimmt, bekommt derzeit folgende Informationen: Bei zahlreichen Großbanken wie Bank Austria und Erste Group liegt der Zinssatz für täglich fällige Sparbücher bei 0,125 Prozent. Und selbst diese Niedrigzinsen werden von so manchen Banken mit 0,05 Prozent noch unterboten. Etwas mehr Glück könnte man bei kleineren Spezialbanken haben. So bietet die Santander Consumer Bank für täglich fälliges Geld 1,4 Prozent pro Jahr. Direktbanken wie ING Diba kommen immerhin noch auf 1,0 Prozent. So mancher mag sich nun fragen, ob auch auf die Sparer Negativzinsen zukommen. Die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien will ihre Kunden davor bewahren: "Wir bestrafen Kunden nicht, wenn sie sparen", schließt Georg Kraft-Kinz für Raiffeisen in Wien nominale negative Zinsen aus. Auch Erste-Bank-Österreich-Vorstand Thomas Uher stellt im Gespräch mit der Austria Presseagentur klar: Negative Sparzinsen werde es bei der Erste Bank nicht geben.

Wenig Freude bei den Banken

Weil Sparer ohnehin schon lange unter Minizinsen auf Sparbuch und Tagesgeldkonto leiden, hagelte es jüngst in Deutschland (und vereinzelt auch in Österreich) Kritik: "Niedrigzinsen enteignen Sparer und reißen Lücken in die Altersvorsorge künftiger Rentner", wetterten Sparkassen, Raiffeisenbanken, Volksbanken und Versicherer. Darüber hinaus würde die Niedrigzinspolitik "Kapitalfehlleitungen fördern, Risken falsch bepreisen und gravierende Stabilitätsgefahren" bergen.

Wie Unternehmen profitieren aber auch die Konsumenten von günstigen Kreditzinsen – wenn die Banken die Senkung weiterreichen. Prinzipiell ist billiges Geld gut für Schuldner: Konsumenten können eine Waschmaschine, ein Auto oder ein Haus günstiger finanzieren, gleiches gilt für Investitionen von Unternehmen und Staatsschulden. Letzteres entlastet indirekt immerhin auch die Steuerzahler. (rebu, sulu, derStandard.at, 5.6.2014)