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Premier Hashim Thaçi hat offenbar nicht früh genug für Verbündete gesorgt. Nun will keiner mit dem Wahlsieger koalieren.

Foto: Reuters/Reka

Prishtina/Sarajevo - Nach der Wahl ist manchmal vor der Wahl. Obwohl die Demokratische Partei (PDK) von Regierungschef Hashim Thaçi die Parlamentswahlen im Kosovo am Sonntag zum dritten Mal infolge gewonnen hat, ist keine PDK-geführte Regierung in Sicht. Denn die Oppositionsparteien LDK, AAK und die neue "Initiative für den Kosovo" haben sich zusammengetan, um eine Regierung unter Thaçi zu verhindern. Zur "Initiative für den Kosovo" gehören auch zwei ehemalige Parteifreunde von Thaçi, mit denen er in Konflikt geraten war.

Der Premier selbst betonte in einem Facebook-Eintrag, dass jene Partei, die die meisten Stimmen hat, auch das Recht habe, die Regierung zu bilden. Die PDK wird im Parlament über 36 der 120 Sitze verfügen. Der Koalitionsblock, der die PDK-Regierung verhindern will, über 49 bis 50 Sitze.

Eine weitere Oppositionspartei, Vetvedendosje, hat eine Regierungsbeteiligung von Forderungen abhängig gemacht, die für Thaçi unmöglich sind. Sie verlangt etwa, dass der Dialog mit Serbien abgebrochen werden soll.

Im Kosovo ist es nicht nur (wie in Österreich) ein ungeschriebenes Gesetz, dass die stimmenstärkste Partei die Regierung anführt, sondern es gibt auch eine (allerdings uneindeutige) Regelung in der kosovarischen Verfassung, wonach der Präsident einen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs in Beratung mit jener Partei, die die Mehrheit im Parlament hat, vorschlägt. Und darauf beruft sich auch Thaçi.

Die Verfassung sieht weiter vor, dass wenn eine Regierungsbildung mit diesem Vorschlag nicht gelingen sollte, der Präsident nochmals innerhalb von zehn Tagen einen Kandidaten für das Premiersamt vorschlägt.

Präsidentin am Zug

Vieles hängt nun also von Präsidentin Atifete Jahjaga ab. Analysten wie Krenar Gashi zufolge, könnte Jahjaga Thaçi auch zwei Mal auffordern, eine Regierung zu bilden. "Thaçi wird keine Regierung bilden können und dann werden wir Neuwahlen haben", prognostiziert Gashi. Die rechtlich umstrittene Vorgangsweise bei der Regierungsbildung könnte auch vor dem kosovarischen Verfassungsgericht landen.

Die Verweigerung der AAK unter dem Ex-Kommandanten der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK, Ramush Haradinaj, mit der PDK zu koalieren, hat eine Vorgeschichte. Haradinaj war zwei Mal wegen Kriegsverbrechen vor dem Tribunal in Den Haag angeklagt und wurde zwei Mal freigesprochen. Immer wieder wurde allerdings von massiver Einschüchterung der Zeugen berichtet. Als er zuletzt 2012 nach Prishtina zurückkehrte, stellte er den Anspruch auf das Premiersamt, obwohl seine Partei nur elf Prozent der Stimmen bekommen hatte.

Nun sagte Haradinaj, dass die Oppositionskoalition "jedes Recht" habe, eine Regierung zu bilden. Haradinaj ist der mächtigste Politiker im Westen des Kosovo, in der Region Dukagjin. Auch seine Familie ist einflussreich.  (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 12.6.2014)