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Mit Erleichterung und versöhnlichen Worten reagierte Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos auf seine Wiederwahl.

Foto: APA/EPA/Mora

Bogotá/Puebla - Kolumbien hat Ja zum Friedensprozess gesagt und Präsident Juan Manuel Santos eine zweite Amtszeit gewährt. Bei der Stichwahl am Sonntag siegte Santos mit knapp über 50 Prozent vor seinem rechten Herausforderer Óscar Iván Zuluaga, der auf rund 45 Prozent kam und damit seinen Vorsprung aus der ersten Runde nicht halten konnte.

In seiner Siegesrede versprach der Präsident, der momentan mit den beiden Guerillabewegungen Farc und ELN ein Friedensabkommen verhandelt, einen "gerechten Frieden ohne Straffreiheit" sowie weitere Sozialreformen, Dezentralisierung und Investitionen in den vernachlässigten Küsten- und Grenzregionen. Sein Gegner hatte den Friedensprozess und Santos' Zugeständnisse an die "linken Terroristen" kritisiert. Obwohl in der Stichwahl entscheidende Weichen für die Zukunft des Andenlandes gestellt wurden, ging nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten an die Urnen.

Zuluaga räumte seine Niederlage ein und gratulierte Santos. Sein politischer Mentor und Kampagnenchef, Expräsident Álvaro Uribe, zog hingegen die Legitimität von Santos in Zweifel. Er habe Stimmen gekauft, mit Massakern gedroht und seine Macht missbraucht, sagte Uribe. Der Expräsident ist für seine aggressive Art und Schläge unter der Gürtellinie bekannt. Schon in der ersten Runde hatte er Santos vorgeworfen, Geld von der Drogenmafia angenommen zu haben. Vor der Staatsanwaltschaft konnte er seine Vorwürfe jedoch nicht untermauern.

Auch persönliche Fehde

Uribe - einer der Mitbegründer der paramilitärischen Selbstverteidigungsgruppen - hegt persönlichen Groll gegen Santos, weil dieser mit den Farc verhandelt, die einst Uribes Vater umgebracht haben. Santos hingegen zeigte sich in seiner pazifistischen Siegesrede großzügig. Er wolle auch diejenigen überzeugen, die gegen ihn gestimmt hätten, und werde ihre Einwände ernst nehmen. "Ich respektiere andere Meinungen und habe keine Feinde, sondern Gegner. Das ist der Unterschied zwischen Krieg und Frieden."

An die Guerilla gewandt erklärte er nach dem Sieg, dies sei das Ende von 50 Jahren Bürgerkrieg. "Wir müssen das Begonnene ernst und entschlossen beenden." In den fünf Jahrzehnten Krieg starben laut Schätzungen mehr als 200.000 Menschen, fast sechs Millionen wurden vertrieben.

Einfach wird es für Santos jedoch nicht werden. Der Politiker liberaler Herkunft verlor im Vergleich zu seiner Wahl vor vier Jahren eine Million Stimmen. Damals war er mit der Unterstützung von Uribe angetreten, der selbst nicht noch einmal kandidieren durfte. "Vor vier Jahren gewann Santos dank der Stimmen aus dem rechten Lager, diesmal dank dem linken Lager", sagte die Journalistin Maria Elvira Samper. Linke Politiker wie der Bürgermeister von Bogotá, Gustavo Petro, und die unterlegene Präsidentschaftskandidatin Clara López hatten Santos unterstützt, lehnen eine Koalition mit ihm aber ab.

Im Kongress muss Santos außerdem mit der Opposition Uribes rechnen, dessen Partei im Senat zweitstärkste Kraft nach Santos Einheits-Partei wurde und im Abgeordnetenhaus die vierstärkste Fraktion stellt. Wichtige Strukturreformen stehen an; der vor eineinhalb Jahren begonnene Friedensprozess mit den Bewaffneten Streitkräften Kolumbiens (Farc) ist noch lange nicht in trockenen Tüchern, und jener mit dem Nationalen Befreiungsheer (ELN) hat gerade erst begonnen. Dass 45 Prozent der Kolumbianer gegen den Frieden gestimmt hätten, zeige außerdem, dass noch viel pädagogischer Aufklärungsbedarf bestehe, sagt etwa der Analyst Manuel Hernández.  (Sandra Weiss, DER STANDARD, 17.6.2014)