Kämpft an mehreren Fronten: Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP).

Foto: Matthias Cremer

Wien - Auf den ersten Blick sind es nur Kleinigkeiten, ja Spitzfindigkeiten, um die sich Finanzminister Michael Spindelegger und Moody's streiten. Doch vieles steht auf dem Spiel. Die Erklärung der Ratingagentur Moody's, wonach man sich wegen des Schuldenschnittes bei der Hypo gezwungen sehe, elf österreichische Banken herabzustufen, erhielten am Freitagnachmittag schließlich weltweit zehntausende Investoren. Da kann jedes einzelne Wort bedeutend werden, weshalb es sich lohnt, die strittigsten Punkte genauer anzusehen.

Moody's behauptet, dass Österreichs Vorgehen in der Causa Hypo "beispiellos" sei. Ähnlich äußerte sich am Sonntag ein Analyst der Ratingagentur Standard & Poor's. Finanzminister Spindelegger konterte, dass auch in anderen Ländern wie den Niederlanden und Irland nachrangige Kapitalgeber an der Sanierung maroder Banken beteiligt wurden. Nichts anderes versuche die Republik: Für den Hypo-Abbau sollen Nachranggläubiger mit 890 Millionen Euro beitragen.

Richtig an der Argumentation des Finanzministers ist, dass sowohl die Niederlande als auch Irland nachrangige Bankengläubiger zur Kassa gebeten haben.

Höhere Zinsen

Nachrangige Kreditgeber erhalten von ihren Schuldnern höhere Zinsen. Sie willigen dafür aber in ein höheres Risiko ein, erhalten ihr Geld im Falle einer Pleite erst nach den übrigen Gläubigern. In Irland mussten die "Junior Bondholders" zwischen 2008 und 2013 auf 14 Milliarden Euro verzichten, im Falle der niederländischen SNS Reaal war es eine Milliarde. Allerdings: Bei keinem dieser Fälle existierte so wie bei Hypo eine öffentliche Haftung.

In Irland etwa bezog sich eine 2008 abgegebene Zahlungsgarantie der Regierung für Bankverbindlichkeiten explizit nicht auf nachrangiges Kapital. Aus diesem Blickwinkel heraus betrachtet ist Österreichs Vorgehensweise also tatsächlich einzigartig.

Spindelegger zeigte sich über die Argumentation von Moody's auch deshalb so verwundert, weil nach seiner Darstellung Österreich bei der Hypo nur vorwegnimmt, was in der EU ab 2016 zum Standard wird. Was meint er?

Der Minister spielt damit auf eine Richtlinie, die "Bank Recovery and Resolution Directive", an. Das EU-Gesetz soll dafür sorgen, dass künftig die Steuerzahler nicht jede marode Bank retten müssen. Um eine faire Lastenverteilung zu erreichen, dürfen bei wackelnden Kreditinstituten künftig bestimmte Gläubigerforderungen abgeschrieben oder in Eigenkapital umgewandelt werden (sogenanntes "Bail-in").

Nachrangige Gläubiger

Nach den Eigentümern sollen vor allem nachrangige Kapitalgeber Verluste erleiden, heißt es in der Richtlinie. Dem Geist des Gesetzes entspricht also der Hypo-Haircut. Auch wenn dies primär eine Interpretationsfrage ist, gibt es in dem Gesetz übrigens auch keine explizite Ausnahme für Schuldverschreibungen mit staatlicher Haftung. Raiffeisen-Bank-International-Chef Karl Sevelda hatte gesagt, landesgarantierte Instrumente seien auch künftig "nicht Bail-in-fähig". In der Richtlinie gibt es aber nur eine Ausnahme für "besicherte" Verbindlichkeiten, gemeint sein dürften vor allem durch den Schuldner selbst besicherte Anleihen.

Uneinig sind sich Moody's und Spindelegger schließlich darüber, wie stark Österreich seinen Banken heute hilft. Moody's begründete sein Downgrade ja auch damit, dass die heimischen Geldhäuser künftig nicht mehr im selben Ausmaß auf staatliche Garantien bauen können. Die Replik des Ministers: Staatliche Unterstützungsleistungen für die betroffenen Banken existierten gar nicht mehr und könnten daher auch nicht schwinden.

Aber Moody's meint keine expliziten Garantien. Zahlreiche Studien des Internationalen Währungsfonds haben seit Krisenausbruch gezeigt, dass Banken sowohl beim Rating als auch bei ihren Refinanzierungskosten profitieren, weil Investoren davon ausgehen, dass die Steuerzahler angeschlagene Banken im Ernstfall ohnehin retten. Moody's hat in der Vergangenheit bei Problemen in Osteuropa stets diesen "systematic support" in Österreich als positiv für die Banken hervorgehoben. Laut Ratingagentur fällt diese implizierte Garantie nun weg. (szi, DER STANDARD, 23.6.2014)