Wer bei Verspätungen finanzielle Entschädigung will, muss oft dafür kämpfen. Ein neues Gesetz soll Fahrgastrechte stärken. Foto: istock

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Wien - Die Ferienzeit bringt neben Urlaubsfreuden mitunter auch rechtliche Streitigkeiten mit sich: Verspätungen oder Ausfälle sind immer wieder Grund für Beschwerden von Reisenden. In solchen Fällen stehen diesen aufgrund geltender EU-Verordnungen unter gewissen Bedingungen Entschädigungen und Ersatzleistungen bei Reisen mit dem Flugzeug, der Bahn, dem Bus oder dem Schiff zu.

Häufig können Konflikte zwischen Beförderern und Passagieren unbürokratisch gelöst werden, doch was tun, wenn sich der Streit nicht beilegen lässt und der Gang vor ein ordentliches Gericht zur Durchsetzung der Ansprüche unvermeidbar erscheint? Während derzeit das Verkehrsministerium (BMVIT) Durchsetzungsstelle für die Fluggastrechte-Verordnung ist und die Schlichtungsstelle für die Eisenbahn bei der Schienen-Control GmbH zur Behandlung von Fahrgastbeschwerden eingerichtet wurde, besteht für Busfahrgäste und Schiffsreisende derzeit trotz unionsrechtlicher Vorgaben noch keine vergleichbare Durchsetzungsstelle.

Abhilfe verspricht der Entwurf des Bundesgesetzes über die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (PFAG), mit dem eine verkehrsträgerübergreifende Schlichtungsstelle für Flug- und Fahrgastrechte bei der bereits bestehenden Schienen-Control eingerichtet werden soll. Die Begutachtungsfrist für das Gesetz endet am 3. Juli. Mit der Umsetzung würde zugleich einem EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich begegnet werden.

Voraussichtlich ab 2015

Nach derzeitigem Stand soll diese Agentur voraussichtlich ab 2015 ihre Arbeit aufnehmen und den Fahrgästen und Passagieren als Anlaufstelle für eine rasche und kostengünstige außergerichtliche Streitbeilegung dienen; dies unabhängig davon, aus welcher Beförderungsart die Streitigkeiten resultieren. Beschwerden von Flug- und Fahrgästen sollen schriftlich oder auf elektronischem Weg eingebracht und deren Behandlung nur dann abgelehnt werden können, wenn mit dem betroffenen Beförderer keine Einigung versucht wurde, der Fall über ein Jahr zurückliegt oder das Vorbringen des Beschwerdeführers mutwillig oder "derartig erscheint, dass seine Behandlung den effektiven Betrieb der Agentur beeinträchtigen würde".

Ziel des Verfahrens ist es, eine außergerichtliche und einvernehmliche Lösung zwischen Beförderungsunternehmen und Kunden zu finden. Gelingt dies nicht, kann die Agentur grundsätzlich eine unverbindliche Empfehlung abgeben, und der Kunde wird auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Der Entwurf sieht, anders als die unionsrechtlichen Rechtsquellen, eine Teilnahme- und Mitwirkungsverpflichtung für Unternehmen am Schlichtungsverfahren vor sowie eine verwaltungsrechtliche Sanktion für den Fall, dass die Mitwirkungspflicht nicht eingehalten wird. Diese Strenge überrascht auch vor dem Hintergrund, dass die Schlichtungsstelle zumindest teilweise von den Unternehmen selbst finanziert werden soll. Ein wenig entschärft der Entwurf die Sorge vor einer unbedachten Inanspruchnahme des Schlichtungsverfahrens mit der Anordnung, dass sich der Fahr- bzw. Fluggast zur Konfliktvermeidung zunächst an den betroffenen Unternehmer wenden muss.

Zusätzliche Bahnoption

Während hinsichtlich Flug-, Bus- oder Schiffsreisen insbesondere Beschwerden wegen Verspätungen, Verzögerungen oder Ausfällen vor die Beschwerdeagentur gebracht werden können, besteht bei Bahnreisen zusätzlich auch weiterhin eine Schlichtungszuständigkeit der Agentur für Streitigkeiten über die Beförderung von Reisegepäck und Gütern.

Der Entwurf zielt auf eine Stärkung der Rechte der Passagier- und Fahrgäste ab, die zukünftig ihre Beschwerden an eine zentrale Anlaufstelle richten können. Während das Vorhaben aus verwaltungsökonomischer Sicht zu begrüßen ist, stimmt die Mitwirkungs- sowie Finanzierungspflicht der betroffenen Unternehmen bedenklich. Angemessene Verfahrensgarantien für den Unternehmer sind hier gefordert.

Letztlich bleibt abzuwarten, inwieweit der Gesetzgeber Änderungsvorschläge von Parteien und Interessenvertretungen aufgreifen wird. Insgesamt wird verkehrsträgerübergreifend mit rund 3000 Beschwerdefällen im Jahr gerechnet. (Stefan Adametz, Christoph Schmon, DER STANDARD, 30.6.2014)