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Die Burka sorgt nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für innenpolitische Debatten.

Foto: reuters/RALPH ORLOWSKI

Grün-Politiker Peter Pilz will sie im öffentlichen Dienst verbieten.

Grafik: Traditionelle Bekleidungsformen muslimischer Frauen

Wien – In Österreich gibt es zwar kaum Frauen, die ihren Körper von Kopf bis Fuß verschleiern, dafür jetzt eine umso lebhaftere Debatte über Burkaträgerinnen – und ganz vorne diskutieren die Grünen mit.

Am Donnerstag musste Chefin Eva Glawischnig für ihre Partei klarstellen, dass Verbote wie Strafen keine Lösungen des Problems darstellen, weil der Bundesrat Efgani Dönmez in Interviews gar gefordert hatte, diesen Frauen Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld oder die Mindestsicherung zu streichen.

"Unsichtbar und rechtlos"

Zwar sind sich die genderbewussten Grünen einig, dass Frauen durch Ganzkörperverhüllung "unsichtbar und rechtlos" gemacht werden, doch wie man dem raren Phänomen hierzulande konkret entgegentreten soll, darüber scheiden sich doch die Geister – vor allem seit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Burkaverbot in Frankreich für rechtens erklärt hat.

Im STANDARD-Gespräch qualifiziert Sicherheitssprecher Peter Pilz Dönmez' Vorstoß zwar als "falschen Ansatz", er hält aber sehr wohl ein Burkaverbot im öffentlichen Dienst für "sinnvoll", das also in der Verwaltung, in öffentlichen Anstalten sowie Schulen gelten soll – "und damit für Lehrerinnen, Polizistinnen, alle weiblichen Beamten".

Heikler Punkt Schule

Ob diese Restriktionen auch Schülerinnen betreffen sollen? Pilz: "Das ist ein heikler Punkt, darüber muss man diskutieren." Wenn eine Frau privat gerne Burka trage, so sei das ihr gutes Recht und gehe den Staat und somit niemanden anderen etwas an, erklärt der Grüne, der aber ein Problem hat, sobald das Überwerfen der Burka unter familiärem Zwangseinfluss geschieht. In diesen Fällen tritt Pilz für strafrechtliche Verfolgung ein – "weil das ja einer Nötigung gleichkommt".

Justizsprecher Albert Steinhauser "will zwar nicht, dass Frauen verschleiert durch die Gegend laufen müssen, aber in der Auseinandersetzung auch nicht das Strafgesetz in Stellung bringen" – und mit dem Streichen von Sozialleistungen, die ja Versicherungsleistungen für alle darstellen, würde man vor allem Frauen treffen, "die ohnehin in einer schwierigen Lage sind". Ob Dönmez mit seinen Ideen die FPÖ rechts überholt? Steinhauser vielsagend: "Zumindest schießen beide die Antworten auf komplexe Fragen schnell aus dem Bauch."

Parteiinterne Kritik

Weniger vornehm drückt es Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer aus: "Ein Klassiker – der Effi versucht damit, Frauen vorzuschreiben, wie mit dem Thema umzugehen ist. Für mich ist das nach seinen sexistischen Äußerungen nicht besonders glaubwürdig." Zur Erinnerung: 2008 hatte Dönmez für Aufsehen gesorgt, als er erklärte, dass bei den Grünen "Brüste zu haben nicht als Qualifikation" ausreiche.

Er selbst findet es bedenklich, dass sein Vorschlag von der Parteispitze als "Einzelmeinung" abgetan wird. Dönmez: "Ich kann nicht nachvollziehen, dass die Grünen mit Steuergeldern archaische Familienstrukturen unterstützen wollen." Im Übrigen habe er Burkaträgerinnen weder das Kindergeld noch die Familienbeihilfe streichen wollen. Ob er nicht einer recht kleinen Gruppe allzu viel Bedeutung beimesse? "Keine Frage, mehr als die paar Burkaträgerinnen machen mir die derzeit hunderten Gotteskrieger in Europa Kopfzerbrechen." (Nina Weißensteiner, derStandard.at, 3.7.2014)