Honda ist bis jetzt der einzige Hersteller, der ein Doppelkupplungsgetriebe in Serien-Motorrädern anbietet. Inzwischen sogar schon in der zweiten Generation. Bislang hat es anscheinend noch niemand geschafft, eine derartige Schaltung so leicht und kompakt zu bauen, dass sie auch im Zweirad sinnvoll eingesetzt werden kann. Oder wollte das bislang niemand. Dabei würde das gerade im Groß-Roller-Segment für deutlich mehr Spaß sorgen, denn eines sind alle CVT-Getriebe: Nervig.

Foto: Guido Gluschitsch

Wie sinnvoll ein Automatik-Getriebe in einem Motorrad ist, muss jeder für sich selbst entscheiden – allerdings sollte er das nicht machen, bevor er nicht einen ganzen Tag damit gefahren ist. Denn man braucht schon eine kurze Gewöhnungsphase. Dann ist es aber, wie mit den ersten Autos mit Doppelkupplungsgetriebe: Auch wer einer Automatik immer abschworen hat, wird begeistert Einsatzbereiche finden, in denen er auf diese Schaltung nicht mehr verzichten möchte. Während im Auto-Bereich das Doppelkupplungsgetriebe sowohl in Sachen Komfort als auch Sportlichkeit die Benchmark ist, ist das bei den Motorrädern doch etwas anders. Da dominiert immer der Komfort auch wenn die Schaltung blitzschnell reagiert und schneller schaltet, als man das selbst könnte.

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Die CTX700N und die NC750S etwa kommen jetzt ohne Kupplungshebel aus. Beide sind keine Supersportler. Die CTX ist ein kleiner Cruiser, mit 48 PS und einem 670 Kubikzentimeter großen Zweizylinder-Motor, die NC750S hat eine Leistung von 55 PS, die sie aus einem 745 Kubikzentimeter großen Zweizylinder holt. Also sind wir ganz weit weg vom schieren Kampf um pure Leistung, und Honda setzt sich mit den beiden Eisen ein ganz anderes Ziel. Die Motorräder sollen ganz einfach zu fahren sein.

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Und das schaffen die Japaner, dass einem der Mund offen bleibt. Die CTX ist ein Cruiser, von dem man beim ersten Blick annimmt, dass sie sich auch so fährt. Ein bisserl blunzig, ein wenig sperrig und irgendwie patschert halt. Ganz das Gegenteil ist der Fall. Keine Ahnung, wie Honda das einfache Handling in diesem Motorrad versteckt hat, aber die Zeiten wo Eisenreiter knochenharte Hund waren, die weder die Polizei, noch den Kurveneingang oder den Tod fürchten, sind vorbei. Die sprichwörtliche einarmige, einbeinige und einäugige Oma kann dieses Motorrad derbändigen. Zumindest wenn ihre Extremitäten an der rechten Seite vorhanden sind. Kuppeln und schalten muss man ja nicht mehr, und Gas wie Bremshebel befinden sich auf der rechten Seite.

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Mit der Leistung wird man keine Rennen gewinnen, und der Sound des Motors zieht weniger die Blicke vor dem Eissalon als viel mehr die Köpfe der Menschen mit nassen Haaren auf sich, wenn Sie verstehen, was ich meine. Gleichzeitig fährt man mit der CTX jedem schweren Cruiser mit einem Lächeln um die Ohren, weil die Honda am Kurveneingang bremst und sich ganz einfach in Schräglage bringen lässt, ohne nach dem Einlenken gleich mit den Fußrasten, dem Motor und dem Tank aufzusetzen. Daneben muss man sich nicht einmal auf die Schalterei konzentrieren, weil die Reiben die Gänge selber sortiert.

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Auf der rechten Seite wählt man zwischen N für neutral, D für drive und S für Sport. Was man gar nicht braucht, das ist D. Da geht gar nix weiter. Nicht einmal der Spritverbrauch. Sowohl die CTX wie auch die nackte NC bin ich mit deutlich unter vier Liter pro hundert Kilometer gefahren. Die Schaltung war fast immer in S – und selber schalten war ganz bald uninteressant. Ja, man kann auch selber schalten – entweder über den Fußhebel, oder aber auch über zwei Schalter an der linken Lenkerarmatur. Aber den großen Unterschied macht das nicht.

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Größer ist da der Unterscheid zwischen CTX und NC – auch wenn auf beiden Radln die Sitzposition gemütlich aufrecht ist und beide Motorräder serienmäßig über ein ABS verzögern. Die NC750S ist aber nicht nur stärker und hat den größeren Motor, sie ist auch sportlicher und günstiger. Ab 7390 Euro bekommt man eine NC750S, für die CTX legt man genau 1500 Euro mehr hin.

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Der Tank der NC750S ist nur eine Attrappe, eine Art Box mit einem Fassungsvermögen von 21 Liter. Das reicht nicht für einen Vollvisierhelm – wenn auch nur knapp –, aber dafür bekommt man sicher sein Telefon, die wichtigsten Unterlagen, oder einen kleinen Einkauf unter. Den Tank trägt die NC, wie wir es auch schon von BMW bei der F800 kennen, unter der Sitzbank. Damit liegt die Masse näher am Schwerpunkt und wehrt sich beim Einlenken weniger. Entsprechend watscheneinfach ist auch das Handling der NC. Die Leistung ist überschaubar, ohne dass einem fad wird – auch wenn man keinen Gedanken mehr an die Schalterei verschwenden muss. Oder vielleicht auch gerade deswegen. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 7.7.2014)


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