Das Nördliche Spitzhörnchen (Tupaia belangeri) lebt im tropischen Südostasien und besitzt mit 7,5 Grad Celsius eine nur geringe Temperaturtoleranzbreite.

Foto: Christian Hof

Frankfurt - Der Großteil der in gemäßigten Breiten lebenden Säugetier- und Vogelarten werden in ihren Lebensräumen auch 2080 noch Temperaturen vorfinden, die innerhalb ihrer Toleranzbereiche liegen. Kritisch wird es aber Richtung Äquator: der Anteil der Tierarten, denen die höheren Temperaturen besonders zusetzen, nimmt zu den Tropen hin zu, wie deutsche Wissenschafter herausfanden. Dennoch dürften auch in den gemäßigten Zonen indirekte Effekte der klimawandelbedingten Temperaturerhöhung den Tieren zu schaffen machen.

Arten reagieren auf veränderte Umweltbedingungen klassischerweise mit Aussterben, Anpassung oder Abwanderung. In einer der größten Studien dieser Art haben Forschende des LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F) und der Goethe-Universität nun gezeigt, dass es auch eine vierte realistische Möglichkeit gibt – Aushalten. Dazu wurden knapp 460 Vogel- und Säugetierarten daraufhin untersucht, welche Temperaturen sie tolerieren. Die Ergebnisse wurden mit Daten zu Verbreitungsgebieten und den dort vorherrschenden heutigen Temperaturen und mit verschiedenen Klimawandelszenarien kombiniert. Die Auswahl stellt einen repräsentativen Ausschnitt der physiologischen Vielfalt der Vogel- und Säugetierarten aus aller Welt dar.

Verhängnisvolle Nebeneffekte des Klimawandels

Global betrachtet werden mehr als 54 Prozent der untersuchten Vogel- und 62 Prozent der untersuchten Säugetierarten in über der Hälfte ihres derzeitigen Verbreitungsgebietes zeitweise kritisch hohen Temperaturen ausgesetzt sein. "Es gibt jedoch erhebliche regionale Unterschiede. In den gemäßigten Breiten wird ein Großteil der untersuchten Säugetier- und Vogelarten vermutlich auch im Jahr 2080 in signifikanten Teilen ihres jetzigen Verbreitungsgebiets Temperaturen vorfinden, mit denen sie leben können", so Christian Hof vom Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F). Damit seien sie jedoch nicht aus dem Schneider, denn auch andere Faktoren, die mit dem Klimawandel einhergehen, würden den Tieren zusetzen. So könnten höhere Temperaturen beispielsweise zu einem reduzierten Nahrungsangebot führen und Krankheitserreger und Konkurrenten begünstigen.

Während die in den gemäßigten Breiten lebenden Arten Temperaturerhöhungen wohl weitgehend verkraften können, steigt zum Äquator hin der Anteil von Arten, auf die Temperaturen oberhalb ihrer Toleranzschwelle zukommen – und das, obwohl in Polargebieten und Regionen mit gemäßigtem Klima der erwartete Temperaturanstieg sogar höher ausfallen dürfte. "Vogel- und Säugetierarten, die in tropischen Regionen vorkommen, leben tendenziell bereits am oberen Limit ihres Temperaturtoleranzbereichs. Auch minimale Anstiege der Umgebungstemperatur machen ihnen daher zu schaffen", so der Leitautor der Studie, Imran Khaliq. Zudem wird in vielen tropischen Regionen mit weniger Niederschlag gerechnet. Ausreichend Wasser ist aber für endotherme Arten, die ihre Körpertemperatur selbst regulieren (Säugetiere und Vögel), notwendig, um Überhitzung zu verhindern.

Unterschiedliche Reaktionen auf Temperaturanstieg

Präzise Vorhersagen sind für Säugetiere besonders schwer zu treffen, da der gemessene Zusammenhang zwischen tolerierten Temperaturen und Verbreitungsgebieten bei ihnen geringer ist als bei den Vögeln. Dabei dürfte eine Rolle spielen, dass beide Tiergruppen Extremtemperaturen mit unterschiedlichen Strategien begegnen. Während Vögel sich an hohe Temperaturen eher physiologisch anpassen, kompensieren Säugetiere klimatische Extreme durch Verhalten: Sie bauen beispielsweise Höhlen oder Gänge, in denen besondere Mikroklimate herrschen. (red, derStandard.at, 14.07.2014)