Die PSOE ist in der Krise. Den Sozialisten, der ältesten Partei Spaniens, laufen die Wähler scharenweise davon. Bei den Europawahlen erhielten sie nur 23 Prozent. Bei den letzten siegreichen Parlamentswahlen 2008 waren es stolze 43,9 Prozent. Generalsekretär Alfredo Pérez Rubalcaba zog die Konsequenzen und trat vor drei Wochen zurück. Jetzt soll die Basis per Urwahl am Samstag einen Nachfolger bestimmen. Einem der drei Kandidaten - dem Generalsekretär der Parlamentsfraktion Eduardo Madina (38), dem Abgeordneten Pedro Sánchez (42) oder dem Philosophen José Antonio Pérez Tapias (59) - fällt dann der undankbare Job zu, die PSOE aus dem historischen Tief zu führen.
Sein Nachfolger habe "eine enorme Aufgabe vor sich", erklärt Rubalcaba und mahnt die Parteibasis, am Samstag massenhaft an die Urnen zu gehen und den Neuen "zu stärken". 198.000 Mitglieder sind gerufen. Sollten weniger als die Hälfte abstimmen, wäre dies eine Schmach. Unwahrscheinlich ist dies nicht. Denn keiner der drei Kandidaten löst Begeisterung aus.
Kein erkennbares Profil
Madina und Sánchez liegen in der Mitgliedergunst bei rund 40 Prozent gleichauf. Pérez Tapias ist weit abgeschlagen. "Ich sehe weder Madina noch Sánchez mit einer eigenen politischen Persönlichkeit, die sie eindeutig erkennbar macht", sagt José Borrell, einst Sieger der ersten Urwahl der PSOE im Jahr 1998.
Es ist tatsächlich leichter, Gemeinsamkeiten zwischen Madina und Sánchez zu finden als Unterschiede. Keiner der beiden kritisiert die Sparpolitik von Expremier José Luis Rodríguez Zapatero. Und jetzt, als Spaniens Linke nach der Abdankung von König Juan Carlos über ein Volksbegehren "Monarchie oder Republik" debattierte, beugten sie sich der Parteidisziplin und stimmten für das umstrittene Nachfolgegesetz, das es Felipe VI. ermöglichte, den Thron zu besteigen.
Viele Mitglieder und Wähler empörte dies, wie einst, als 2011 auf Drängen Berlins und Brüssels eiligst eine Schuldenbremse in die Verfassung geschrieben wurde.
Sonderparteitag Ende Juli
Die nur vier Monate vor den Europawahlen entstandene linke Formation Podemos rund um eine Gruppe von Politik- und Soziologieprofessoren aus Madrid greift diese Empörung auf und erhielt im Mai auf Anhieb mehr als acht Prozent der Stimmen. Viele ihrer Wähler hatten einst die Sozialisten gewählt. Umfragen sagen Podemos weitere Zugewinne voraus.
Bei der per Internet übertragenen Debatte der drei Kandidaten am Montagmittag in der Parteizentrale in Madrid war viel von "Transparenz", "Demokratie von unten nach oben", "Öffnung" und "Wandel" und "Restrukturierung des sozialistischen Projektes" die Rede. Mit welchem Programm, dazu gab es wenig Konkretes.
Der neue PSOE-Generalsekretär muss Ende des Monats auf einem Sonderparteitag bestätigt werden. Dort wird auch das neue Programm festgelegt, mit dem die Sozialisten die verlorenen Wähler erneut für sich gewinnen wollen. Wer dies dann bei den Wahlen im kommenden Jahr als Spitzenkandidat vertreten wird, das müssen erneute Urwahlen zeigen. (Reiner Wandler aus Madrid, DER STANDARD, 10.7.2014)