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Konrad Kogler, der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, will Terrorverdächtige länger überwachen dürfen.

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Wien - Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) steckt in einem Dilemma: Einerseits sollen die Staatsschützer effizient und präventiv gegen neuen Bedrohungen vorgehen, andererseits gibt es dafür keine neuen Befugnisse. Vor allem das generelle Misstrauen nach dem NSA-Abhörskandal hat den Ausbau von Ermittlungs- und Überwachungsmaßnahmen praktisch gestoppt. Auch wenn diese der Spionageabwehr dienen würden. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) will deswegen nun mit einem eigenen Gesetz dem Staatsschutz den Weg ebnen.

Dabei sucht Mikl-Leitner einen breiten politischen Konsens. Die ersten Gespräche mit Sicherheitssprechern der Parteien sind am Donnerstag angelaufen. Wenn der Fahrplan hält, könnte es in einem Jahr ein eigenes BVT-Gesetz geben. Ob als eigenes Gesetz oder im Rahmen des Sicherheitspolizeigesetzes, das generell alle Polizeibefugnisse regelt, ist noch offen. Im Ministerium wird ein eigenständiges Gesetz präferiert, weil dann die Abgrenzung des BVT zur herkömmlichen Polizeitätigkeit stärker wäre.

Foreign Fighters

Zu den neuen Herausforderungen für das BVT zählt Konrad Kogler, der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, die so genannten Foreign Fighters; also in Österreich radikalisierte Bürger, die etwa aktuell in Syrien in den Bürgerkrieg ziehen. Wie berichtet, sind bisher rund 100 Personen von Österreich aus nach Syrien gegangen, 44 davon wieder zurückgekommen. Die Rückkehrer werden als potenzielle Gefahr eingestuft. "Nach derzeitiger Gesetzeslage dürfen wir sie neun Monate lang beobachten. Wenn danach nichts vorliegt, müssen die Daten gelöscht werden", so Kogler im Gespräch mit dem Standard. Aus internationalen Fällen wisse man aber, dass "Schläfer" bereits in den 1980er-Jahren ihre Legendierung begonnen hätten.

Eine verstärkte nachrichtendienstliche Ausrichtung des BVT sei nicht angepeilt, sagt Kogler. Der Verfassungsschutz und seine Vorgängerorganisation, die Staatspolizei, waren immer eine Mischform aus Polizei und Dienst. Echte Nachrichtendienste gibt es in Österreich nur beim Bundesheer.

Wirtschaftsspionage

Was Kogler, in dessen Sektion das BVT ressortiert, forcieren will, ist die Spionageabwehr. Der Appetit von ausländischen Geheimdiensten auf Daten der nationalen Sicherheit ist auch eines der konkreten Bedrohungsszenarien, die das BVT-Gesetz vorantreiben sollen. Auch der Kampf gegen Wirtschaftsspionage steht auf der neu geschriebenen To-do-Liste der Verfassungsschützer.

"Ein einzelner Fall von Wirtschaftsspionage ist noch kein Fall für das BVT", erläutert Kogler. Aber wenn daraus eine Bedrohung für die Gesellschaft werde, sei der Verfassungsschutz alarmiert. Immerhin verursache Wirtschaftsspionage rund 800 Millionen Euro Schaden pro Jahr.

Die gekippte Vorratsdatenspeicherung schmerzt das BVT nicht so sehr. Auf die gespeicherten Telekommunikationsdaten hatte nur die Kripo zugegriffen. (Michael Simoner, DER STANDARD, 11.7.2014)