Microsoft-Chef Satya Nadella schwört sein Team auf neue Zeiten ein.

Der seit Jahresbeginn amtierende Nadella will Microsoft unabhängiger von einem geschrumpften PC-Markt machen. Dazu hat er die Devise "mobile first, cloud first" ausgegeben.

Daten und Anwendungen sollen über das Netz von jedem Gerät aus erreichbar sein - auch von solchen, die von Konkurrenten wie Apple stammen. Wichtig ist Nadella vielmehr, dass die Dienste im Hintergrund auf Microsoft-Servern laufen.

Der neue Chef von Microsoft hat fünf Monate nach seinem Amtsantritt signalisiert, dass er den IT-Konzern zwar nicht im Eiltempo umkrempeln, aber voraussichtlich Mitarbeiter entlassen wird.

In einer mehr langen E-Mail an seine Angestellten schrieb Satya Nadella am Donnerstag, Microsoft müsse zu seiner "Seele zurückfinden", und schärfte die Zukunftsmission des Unternehmens: Microsoft müsse nicht nur etablierte Software wie Windows oder Office anbieten, sondern allgemein Technologie entwickeln, die das Leben der Menschen und die Geschäfte von Unternehmen verbessere.

Wer Kurs bei Microsoft nicht mitträgt, muss gehen

Nadella, nach Bill Gates und Steve Ballmer der dritte CEO in der 39-jährigen Geschichte des Konzerns, erläuterte nicht weiter, inwiefern Microsoft unter seiner Führung anders aussehen und wirtschaften werde als unter seinen Vorgängern. Aber seine E-Mail zeigt, dass er eine gewisse Dringlichkeit verbreiten will, ohne Microsoft grundsätzlich neu auszurichten.

"Meine Botschaft an die Angestellten ist klar: Lasst uns mutig und ehrgeizig sein und uns wirklich hinter das Ziel stellen, das uns eigen ist", sagte Nadella dem "Wall Street Journal" auf Anfrage.

"Auf Wandel und Erneuerung konzentrieren"

Er machte auch deutlich, dass sich das Unternehmen verschlanken werde und dass Mitarbeiter entweder seinen Kurs mittragen oder gehen müssten. Innerhalb des Konzerns stellen sich Angestellte bereits seit Wochen auf mögliche Kündigungen ein. Nadella hat nach Angaben von Microsoft-Mitarbeitern und gut informierten Dritten auch schon intern neue Strategie- und Organisationsentwürfe in Auftrag gegeben.

Im Interview am Donnerstag wollte sich Nadella nicht zu möglichen Kündigungen äußern. "Heute geht es darum, sich auf den notwendigen Wandel und die notwendige Erneuerung zu konzentrieren", sagte er. Auf die Frage, ob Microsoft Ende 2014 mehr oder weniger Angestellte haben werde, antwortete er: "Ich werde mich heute nicht darauf einlassen."

Nokia

Nadella will nach eigenen Angaben bei der Vorlage der Quartalsergebnisse des Konzerns am 22. Juli genauer über die finanziellen Auswirkungen seiner neuen Agenda sprechen.

Ein Bereich, in dem gekürzt werden könnte, zeichnet sich aber ab: Microsoft-Vorstände versuchten bereits, unnötige Überhänge aus dem Kauf des Mobilfunkgeschäfts von Nokia abzubauen, sagen mit der Sache vertraute Personen. Mit der Übernahme erhöhte sich die Gesamtzahl der Angestellten in dem Konzern von 99.000 auf mehr als 120.000. Ballmer fädelte den kontroversen Deal damals ein, aber laut Investoren dürfte die Integration von Nokia für Nadella nun zur Feuerprobe werden.

Einige Angestellte von Microsoft fürchten, dass noch mehr Veränderung die Arbeitsabläufe stören könnte. Die Belegschaft musste bereits das ganze vergangene Jahr über durchgreifende organisatorische Veränderungen über sich ergehen lassen. Außerdem ging der langjährige Vorstandschef Ballmer in Rente und die Suche nach einem Nachfolger geriet zu einem Ratespiel, mit dem der Konzern kräftig im Licht der Öffentlichkeit stand.

Nadella ist bei Microsoft fürs Durchgreifen bekannt

Nadella hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass er keine Scheu hat, in dem Konzern Veränderungen durchzusetzen, die – auch wenn sie von außen nicht dramatisch aussehen mögen – die den internen Betrieb erheblich verändern.

Als Nadella vor mehr als drei Jahren zum Leiter der Abteilung für Computerserver und Cloud-Technologie aufstieg, legte er Arbeitsgruppen zusammen, kürzte Managementebenen und übertrug Softwareentwicklern mehr direkte Verantwortung für ihre Produkte.

Mehr Teamwork

So habe er für mehr "Teamwork" gesorgt, sagt Rakesh Malhotra, der einst als Programmmanager unter Nadella gearbeitet hat. Gleichzeitig habe Nadella die Abgrenzung zwischen einzelnen Produkten durchlässiger gemacht und die Ingenieure im Konzern besser eingesetzt. "Ich kann mir vorstellen, dass er so etwas noch mal machen würde", sagt Malhotra.

2012 sagte Nadella in einem Interview, für langjährige Microsoft-Mitarbeiter sei es hart gewesen, plötzlich mitten in der Nacht Telefonate führen zu müssen, wenn irgendwo eine Kundensoftware zusammenbrach. "Es ist wichtig, dass der Entwickler, der den Code geschrieben hat, den Schmerz direkt spürt und das Ganze nicht erst durch zu viele Hände geht", sagte Nadella damals. "Es gab ein bisschen Widerstand."

Aktienkurs von Microsoft steigt

Am Donnerstag sagte Nadella, dass er Microsoft zu einem Unternehmen mit "den wenigsten Ebenen und der geringsten Zahl an Entscheidungsoberen" machen wolle.

Die Aktie von Microsoft stieg am Donnerstag um 2 Cent auf 41,69 US-Dollar, obwohl der Index für den Gesamtmarkt fiel. Seit Anfang Februar, als Nadella den Chefposten übernahm, sind Microsofts Aktien um rund 15 Prozent gestiegen. Damit hat sich das Papier besser entwickelt als der Nasdaq-Aktienmarkt insgesamt, der im selben Zeitraum nur um 10 Prozent zulegte.

Daniel Ives, Aktienanalyst bei FBR Capital Markets, hält Nadellas Botschaft für eine Bestätigung des bereits eingeschlagenen Kurses, sich stärker auf das Geschäft mit Cloud-Technologie zu konzentrieren. Ives sagt, dies "wird letztlich wieder den Optimismus entfachen". (Shira Ovide, WSJ.de/derStandard.at, 11.6.2014)